50 shades of brain > 47 Die Galenische Vene
Ilustracja anatomiczna autorstwa Gennosuke Fuse

Galen ist einfach: Da gibt es die Galenik, die Viersäftelehre (Galens grün-gelbe und schwarze Galle…)  und die Galenische Vene…

Galens Vene haben wir geliebt: Insiderwissen ohne Hirn und Verstand…

JLS: Das ist wieder mal spannend genug: Wer hat denn dieser Vene den Namen Vena Galeni gegeben? Offensichtlich hat Galen sie nicht entdeckt und auch nicht beschrieben? Niemand weiß es…

Was muss man von Galen wissen? Zunächst mal, dass er mit Asklepion (den es nicht gab…) und dem vorchristlichen Hippokrates zum berühmtesten Arzt aller Zeiten, zumindest des europäischen Altertums wurde. Im Vergleich zu seinem medizinischen Gesamtwerk sind seine neuroanatomischen Hinterlassenschaften im Gehirn beinahe beiläufig, sozusagen negligeabel …  Aber für alle Neurologen, Neurochirurgen und Neuroradiologen bis heute essentiell.

JOLS: Auch wenn Galen die heute nach ihm benannte Vene gar nicht entdeckt haben sollte, hat er sich dennoch nicht zu Unrecht in die Gestirne des Gehirns gemogelt. Immerhin soll er die Hirnhäute, den Balken, das Ventrikelsystem und die Zirbeldrüse „entdeckt“ und beschrieben haben…

Asklepios, Hippokrates & Galenos – das ist das ewige Dreigestirn der Medizin, Mythos und Realität verschmelzen, Griechen allesamt, Göttern gleich …

Seine Galenik kennt jeder, seine Vene nur wenige…

Die Vena Galeni im Hirn ist jedem Neurochirurgen ein Begriff, nicht nur wegen der entsprechenden venösen Malformation, sondern vor allem weil auch die Anfänger des Gehirns, schnell anerkannt werden, wenn sie Galens Vene im richtigen Moment und Zusammenhang ins Gespräch bringen (gerne auch bei einem Gläschen Mumm oder Rotkäppchen…).

Bis ins 17. JH und darüber hinaus dienten seine Lehren als medizinische Grundlage an den europäischen Universitäten. Galens Humoralpathologie (Humor heisst nichts anderes als Flüssigkeit, Saft – und ja natürlich leitet sich der Humor unserer Comedians, darunter auch von Dr. med. Eckart von Hirschhausen, auch von diesem Wort ab…) hatte als Krankheitskonzept sogar Bestand bis ins 19. JH.

Der Medizinhistoriker K-H Leven bringt Galens Lehre sie auf den Punkt: Um Gesundheit und Krankheit systematisch zu erfassen, erweiterte Galen die Lehre von den vier Körpersäften um die von Aristoteles postulierten antagonistischen Qualitäten der vier Elemente Erde, Luft, Feuer & Wasser: warm kalt und trocken-feucht – gelbe und schwarze Galle, Schleim und Blut – fertig ist die Humoralpathologie

Aber wer sagt denn, dass die Humoralpathologie tot sei? Sie ist es mitnichten, denn dahinter verbirgt sich ein ewiges Konzept, Galen entdeckte sozusagen einen Universalschlüssel für nahezu alle medizinischen Phänomene (Leven)

Eigenes Nachdenken ergibt: Wenn die Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten nicht stimmt funktioniert gar nichts: Ist das Blut zu dick, dräuen Thrombosen, ist es zu dünn, Gerinnungsstörungen, ist der Speichel zu trocken, können Sie nicht sprechen und schlucken, sind die Schleimhäute zu trocken, nisten sich Keime ein. Verdauungssäfte, Speichel, Galle, Sperma, Tränen – praktisch alle Lebensfunktionen sind auf die richtige Zusammensetzung der Körpersäfte angewiesen. Vielleicht gilt das auch für den Liquor…

Und wer sorgt für diese richtigen Mischungen? Richtig: Das vegetative Nervensystem mit seinen zwei Antagonisten Sympathikus und Parasympathikus…Die (ärztliche) Kunst bestünde darin, das Vegetative NS so zu beeinflussen, dass die Körpersäfte und damit das Mobile des Lebens ins Gleichgewicht zu bringen… (jols)

Wann dort der Sonne Licht durch fliehnde Nebel strahlet
Und von dem nassen Land der Wolken Tränen wischt,
Wird aller Wesen Glanz mit einem Licht bemalet,
Das auf den Blättern schwebt und die Natur erfrischt;
Die Luft erfüllet sich mit reinen Ambra-Dämpfen,
Die Florens bunt Geschlecht gelinden Westen zollt;
Der Blumen scheckicht Heer scheint um den Rang zu kämpfen,
Ein lichtes Himmel-Blau beschämt ein nahes Gold;
Ein ganz Gebürge scheint, gefirnißt von dem Regen,
Ein grünender Tapet, gestickt mit Regenbögen.

47 Die Galenische Vene

Die Galenische Vene (Galen-Vene, Galens Vene lat. Vena Galeni oder Vena magna cerebri oder Vena cerebri magna -> „große Gehirnvene“)

gehört zu den sog. inneren Abflussgefäßen des Gehirns. Sie ist eine unpaare Vene im Dach des dritten Ventrikels, die durch den Zusammenfluss der beiden inneren Hirnvenen (Venae internae cerebri) entsteht und in den Sinus rectus mündet. Es gibt einen direkten Zufluss aus der hinteren Balkenvene (V. posterior corporis callosi). Sie verläuft unter dem Splenium corporis callosi. (Pschy)

Zu ihrem Zuflussgebiet gehören die Basalganglien, der Thalamus, das Marklager von Frontal-, Parietal- und Temporallappen sowie die Seitenventrikel (Plexus chorioidei).

Klinische Bedeutung

Die Galenische Vene kann gelegentlich angeborene Fehlbildungen aufweisen, welche verheerende Folgen für die meist betroffenen Neugeborenen haben: Die sog. Vena Galeni Malformation (VGM). Eine besondere Bedeutung hat dies, weil diese Gefässmissbildung heute neurochirurgisch operativ versorgt werden kann.

Als Aneurysma der Galenischen Vene wird eine Gruppe von kongenitalen Gefäßfehlbildungen des Neugeborenen bezeichnet, die als gemeinsames Symptom eine Erweiterung der V. magna cerebri haben. Es handelt sich aber nicht um ein echtes Aneurysma.

Diese Missbildung kann sich mit epileptischen Anfällen manifestieren. Auch die Entstehung eines Hydrozephalus (Wasserkopfes) mit entsprechenden Hirndruckzeichen ist möglich.

Ursache ist eine abnorme Verbindung zwischen einer oder mehreren Hirnarterien und der Galenischen Vene, z.B. durch arterio-venöse Fehlbildungen, Fisteln oder Varizen. Bei 80% der Fälle mit arterio-venöser Fistel ist an der Schädelbasis ein kontinuierliches Geräusch zu hören.

Nach Galen sind auch benannt:

Ansa Galeni (Galen-Anastomose, Galen’sche Anastomose, lat. Ramus communicans nervi laryngealis superioris cum nervo laryngeali recurrenti)

Es handelt sich um eine sog. „Feedback-Verbindung“ zwischen Nervus laryngeus superior und Nervus laryngeus inferior im Bereich des Recessus piriformis im Inneren des Kehlkopfes. Pschy

s.a. Exkurs Kehlkopf und die div. Ganglien

Galens Ventrikel (Ventriculus laryngis) – der nichts mit dem Gehirn zu tun hat – sondern mit dem Kehlkopf…

Die „Galenik“ (die Lehre von der Zubereitung der Arzneimittel).

Was gibt es Neues von der Galenischen Vene?

Die Behandlung des Galenischen Aneurysmas mittels Embolisation soll vielversprechende Ergebnisse zeigen. Aber die Prognose ist auch heute noch schlecht, und die Kinder sterben oft noch im Säuglingsalter. Kleinkinder mit verspäteter Manifestation können nach erfolgreicher Embolisation mit nur geringen neurologischen Beeinträchtigungen überleben.

Galenos von Pergamon

(Aelius) Galenus (altgriechisch Γαληνός, deutsch Galen, in mittelalterlichen Handschriften auch Galienus)

(* zwischen 128 und 131 in Pergamon; † zwischen 199 und 216 in Rom)

war ein griechischer Arzt und Anatom im Rom des 2. JH nach Chr.

Galen gilt bis heute als einer der bedeutendsten Ärzte aller Zeiten und ist der berühmteste Arzt des europäischen Altertums.

Galenos von Pergamon

Biographisches

An Galens Geburtsort Pergamon (Bergama, heute Türkei) befand sich das um die Mitte des 2. JH berühmteste Heiligtum des Asklepios. Sein Vater, ein stinkreicher Architekt und Mathematiker Nikon (keine Daten…, jedenfalls kein Zusammenhang mit der gleichnamigen Kamera…), unterrichtete Galen in aristotelischer Philosophie, Mathematik und Naturlehre.

Ab etwa 150 beschäftigte sich Galen vornehmlich mit Medizin. Er studierte in der Nähe von Smyrna (heute Izmir, Türkei). Im Alter von etwa 20 Jahren reiste er nach Alexandria, das zu jener Zeit Zentrum der Heilkunst war und der einzige Ort, an dem Humansektionen und Untersuchungen an Leichen durchgeführt werden durften. Die reichhaltige Bibliothek von Alexandria besaß auch viele Schriften mit detaillierten Zeichnungen, die seine wissenschaftliche Ausbildung unterstützten. Heilkuren und Pflege fanden zu der Zeit in einem Asklepieion statt, in dem sowohl Priester als auch Heilkundler tätig waren. 158 kehrte Galen nach Pergamon zurück. Dort betreute er als Sport- und Wundarzt Gladiatoren und unterhielt gleichzeitig eine eigene ärztliche Praxis. Während der Olympischen Spiele leistete er den Athleten medizinische Hilfe. Dabei versorgte er deren frische Verletzungen, die er so auch wissenschaftlich beschreiben konnte.

Ab ca 160 war Galen in Rom tätig. Die Heilung des geachteten Philosophen Eudemos von Pergamon (2. JH nC) ermöglichte ihm eine Tätigkeit als Arzt der römischen Aristokratie. Um 166 verließ er Rom wieder, wahrscheinlich wegen einer dort ausgebrochenen Pestepidemie (Antoninische Pest).

Zurück in Pergamon nahm er seine Arbeit als Gladiatorenarzt wieder auf. 168 reiste er auf Bitte des römischen Kaisers Marcus Aurelius (121 – 180 nC) nach Aquileia, wo angeblich die „Pest“ unter den römischen Soldaten ausgebrochen war. Seine präzise Beschreibung der vorgefundenen Krankheitssymptome lässt aber vermuten, dass es sich eher um eine Pockenepidemie gehandelt hatte. Seinem Wunsch entsprechend wurde er ab 169 in Rom Leibarzt des Kaisersohnes Commodus (161-192 nC), später vermutlich auch des Kaisers P. Septimius Severus (146-211 nC).

NB: Ridley Scotts Film „Der Gladiator“ spielt genau in dieser Zeit Galens, als Kaisersohn Commodus, eben nicht Kaiser werden soll…

Das Asklepieion von Pergamon; Quelle:

Galen starb in Rom, der genaue Zeitpunkt ist unbekannt. Man geht von einem Sterbejahr 199 oder 200 aus, doch wird mittlerweile sein Tod meist um das Jahr 216, zumindest nach 204 datiert.

An anderer Stelle wird sein Leben blumenreicher und ausgeschmückter geschildert:

Galen wurde um 129 nC als Sohn griechischer Eltern geboren, die in Pergamon (das heutige Bergama in der Türkei) in Kleinasien lebten. Damals zum Römischen Reich gehörend, befand sich dort ein Heiligtum für den Heilgott „Asklepios“ (Äskulap). Hierher fühlte sich der junge Galen hingezogen und beobachtete interessiert, wie man medizinische Techniken einsetzte, um den Kranken und Verwundeten zu helfen und ihre Schmerzen zu lindern. Doch zunächst unterrichtete ihn sein Vater, ein bekannter Architekt, in Philosophie, vor allem in den Schriften des griechischen Philosophen Aristoteles (384-322 vuZ), in Mathematik und Naturlehre. Etwa ab 146 wandte sich Galen ganz der Medizin zu und begann in der Nähe der türkischen Stadt Smyrna (heute Izmir) mit dem Studium. Er sammelte weitere Erfahrungen im Rahmen weiter Reisen und beendete seine Ausbildung schließlich in Alexandria. Galen spezialisierte sich in seinen Studien auf die Anatomie.

Galen war noch während seines Studiums ab 158 zunächst als Gladiatorenarzt in seiner Heimatstadt Pergamon tätig. Er behandelte Gladiatoren, welche durch Kämpfe verletzt worden waren. Nach Beendigung seines Studiums ließ er sich um 161 in Rom nieder, wurde Arzt der Gladiatoren und bald wegen seines Könnens, aber auch wegen seiner Untersuchungen an Tieren und seiner öffentlichen Vorträge berühmt.

Etwa um 169 ernannte ihn der römische Kaiser Marcus Aurelius Antonius (121-180) zum Leibarzt seines Sohnes Lucius Aelius Aurelius Commodus (161-193). Ab 166 war Galen erneut als Gladiatorenarzt in Pergamon tätig und führte dort eine Praxis, bis er 169 wieder nach Rom zurückkehrte. Obwohl nicht eindeutig belegt, wird angenommen, dass Galen den Rest seines Lebens bis zu seinem Tod um das Jahr 199 nC in Rom verbrachte, aber auch teilweise in Pergamon gelebt hat.

Galen hinterließ etwa 500 Abhandlungen zur Medizin, Philosophie und Ethik. Seine medizinischen Schriften wurden im 9. JH von arabischen Gelehrten übersetzt und bildeten die Grundlage zu den späteren modernen Naturwissenschaften. Aus Grund-, Wirk- und Hilfsstoffen hergestellte Arzneizubereitungen („Galenika„) und die Formgebung und technologische Prüfung der Arzneimittel („Galenik„) tragen seinen Namen.

Hohe Wertschätzung wurde Galen auch als Philosoph entgegengebracht. In seiner Abhandlung „Über die Aufgaben der Körperteile des Menschen“ folgte er den Vorstellungen Aristoteles. Dieser postulierte, dass nichts in der Natur überflüssig sei und dass alles eine bestimmte Bedeutung habe. Galens grundlegender Beitrag zum philosophischen Gedankengut war die Vorstellung, die Ziele Gottes seien durch die Untersuchung der Natur erkennbar.

Neben einer detaillierten Beschreibung der Knochen und der Muskeln unterschied er am Gehirn bereits die harte und weiche Hirnhaut (Dura mater und Pia mater), den Balken (corpus callosum), das Ventrikelsystem, die vaskulären Strukturen der Ventrikel und die Zirbeldrüse (corpus pineale). Sein wichtigstes anatomisches Werk sind die Anatomical Procedures (ca 177 verfasst).

Wissenschaftliches Werk

Galen ist nach Hippokrates (um 460 – um 370 vuZ) der bedeutendste Arzt der Antike. Mit seinen anatomischen Untersuchungen an Tieren und Beobachtungen der Körperfunktionen des Menschen schuf er ein umfassendes System der Medizin („Galenismus„), das über Jahrhunderte die Heilkunde und das medizinische Denken und Handeln der (europäischen) Menschen bestimmte.

Nach Galen sind für den menschlichen Körper die vier Säfte bestimmend (Viersäftelehre = Humoralpathologie): Blut, Schleim, Galle und schwarze Galle. Diese sind in einer für jeden Menschen spezifischen Mischung im Gleichgewicht (Eukrasie); sind sie im Ungleichgewicht (Dyskrasie), dann ist der Mensch krank. Aufgabe des Arztes ist es dann, die natürliche Heilkraft zur Überwindung einer Krankheit durch Diätetik, Pharmakotherapie und/oder durch Chirurgie anzuregen.

Galens Nachwirkungen (Rezeption in der Medizin, Galenismus)

Galens systematisch ausgebautes Werk, das im frühen Mittelalter von Hunain ibn Ishāq (808–873) auch ins Syrische und Arabische übersetzt wurde, war in seinem Umfang und in seinem wissenschaftlichen Niveau für die Nachwelt von solcher Autorität, dass es nahezu 1.500 Jahre brauchte, bis es durch neuere Forschungen langsam überwunden wurde. Seine falsche Hypothese der Blutströmung vom Zentrum zur Peripherie des Körpers wurde z.B. erst im 17. JH durch William Harvey (1678-1657, s.d.) und Marcello Malpighi (1628-1694) gegen erhebliche Widerstände revidiert.

Galens Auffassung der Humoralpathologie hatte als Krankheitskonzept sogar Bestand bis ins 19. JH. Seine Lehren wurden, vor allem im Mittelalter, anderen gegenüber bevorzugt und waren bis zum 19. JH Grundlage des medizinischen Wissens an europäischen Universitäten.

Wie aktuell Galen auch noch im 21. JH ist, zeigt sich in dem Artikel „Auf den Schultern von Hippokrates und Galen“ von Karl-Heinz-Leven (Spektrum der Wissenschaft von 06/2019.

Ehrungen/Erinnerungen:

Galenus-von-Pergamon-Preis: s.u.

Carl von Linné (1707-1778) gab einer Gattung in der Pflanzenfamilie der Mittagsblumengewächse (Aizoaceae) den Namen Galenia.

Nach Galen ist auch der Mondkrater Galen benannt, ebenso wie der Galen Peak, ein Berg auf der Brabant-Insel im Palmer-Archipel in der Antarktis.

Nach Galen werden zudem die Pseudogalenischen Schriften bezeichnet, die seit dem Mittelalter dem Corpus Galenicum in Handschriften und in frühen Buchdrucken beigefügt wurden und unter seinem Namen kursierten, aber nicht seiner Hand entstammten, wie etwa das Harnbüchlein des Magnus von Ephesus (keine Daten…).

Werke & Veröffentlichungen

Claudii Galeni Opera omnia. I–XX. Hrsg. von Karl Gottlob Kühn, Leipzig 1821–1833 (Medicorum Graecorum opera quae exstant, 1–20); Neudruck Hildesheim: Olms, 1965 — (Weiterhin maßgebliche moderne Gesamtausgabe, enthält auch nicht-galenische Texte und ist in Teilen durch textkritische Einzelausgaben ersetzt).

Galenus Latinus. Hrsg. von R. F. Durling und Fridolf Kudlien (Berlin 1976 und Stuttgart 1992)

Recettario di Galieno: a tutte le Infirmita de che acadeno ali Corpi humani: Cosi di dentro como di Fora. [S.l.], 1520 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf).

Claudii Galeni Pergameni De Compositione Medicamentorum Secundum Locos: … libri decem … / nunc primum latinitate donatum ac in lucem aeditum per Ioannem Guinterium Andernacum. – Basileae: Cratander, 1537 (Digitalisierte Ausgabe).

Claudii Galeni Pergameni De Sanitate tuenda: libri sex. Nuperrime ad Exemplar Venetum recogniti, & divulgati. – Lugduni: Rouil, 1549 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf).

Galeni septima Classis: curandi Methodum tum diffuse tum breviter descriptam, Victus Rationem in Morbis acutis, singulorum Morborum facile paranda Remedia, privatam quorundarum Morborum Curationem, Chirurgiae Constitutionem, Fracturarum ac Luxationum Sanationem, Fasciarum denique & Laqueorum & Machinamentorum Tractatum continet. – Venetiis: Iunta, 1550 (Digitalisierte Ausgabe).

Wolfgang U. Eckart: Geschichte der Medizin (Springer, Berlin 1990)

Wolfgang U. Eckart: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (Springer, Berlin 2013)

Zugabe: Galenus-von-Pergamon-Preis

Mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis wird seit 1985 die pharmakologische Forschung in Deutschland gefördert.

Wissenschaftler aufgepasst: Für eine herausragende Forschungsleistung in der klinischen oder experimentellen Pharmakologie in Deutschland wird auch im Jahr 2019 wieder der mit 10.000 Euro dotierte Galenus-Preis – Bereich Forschung – verliehen…

1. Grundlagenforschung

Dr. Peter Kühnen und Professor Dr. Heike Biebermann von der Charité Universitätsmedizin Berlin nahmen den diesjährigen Preis entgegen für Forschungsarbeiten zu Adipositas bei Patienten mit einer genetischen Veränderung, die eine Gewichtsabnahme bisher unmöglich machte (Leptinrezeptor-Mangel). Sie beobachteten, dass mit dem Wirkstoff Setmelanotide die Essstörung positiv beeinflusst werden kann.

2. Primary Care

Für diese Kategorie erhält in diesem Jahr das Präparat Zinplava® (Wirkstoff: Bezlotoxumab) vom Unternehmen MSD Sharp & Dohme den Preis. Mit Bezlotoxumab, einem monoklonalen Antitoxin-B-Antikörper, kann das Wiederauftreten einer Infektion mit dem Bakterium Clostridium difficile verhindert werden. Er ist für Patienten mit hohem Risiko für eine erneute Infektion mit dem Bakterium vorgesehen.

3. Specialist Care

Gewinner in dieser Kategorie ist Hemlibra® (Wirkstoff: Emicizumab) von den Unternehmen Roche und Chugai. Mit Emicizumab können Patienten mit Hämophilie A behandelt werden, die Hemmkörper gegen den therapeutisch verabreichten Gerinnungsfaktor VIII entwickelt haben. Der Antikörper Emicizumab übernimmt die Funktion des fehlenden Gerinnungsfaktors VIII. Bei nur einmal wöchentlicher subkutaner Anwendung treten bei den meisten Patienten keine Blutungen mehr auf.

4. Orphan Drugs

Der Preis für Arzneimittel für seltene Erkrankungen wird in diesem Jahr doppelt vergeben.

Ausgezeichnet wird zum einen Holoclar®, ein Stammzelltransplantat für die Augen vom Unternehmen Chiesi. Damit behandelt werden Patienten mit Limbusstammzellen-Insuffizienz, eine seltene Erkrankung, die meist Folge von Verbrennungen oder Verätzungen des Auges ist. So können Symptome gelindert und das Sehvermögen gebessert werden.

Des Weiteren wird Spinraza® (Wirkstoff: Nusinersen) vom Unternehmen Biogen ausgezeichnet. Von der Arznei profitieren Patienten mit spinaler Muskelatrophie. Nusinersen bewirkt, dass ein für Motoneuronen wichtiges Eiweiß wieder in ausreichender Menge produziert wird. Dadurch kann der Muskelabbau aufgehalten werden.

Exkurs: Galens Lehren

Galens medizinisches Hauptwerk ist der Methodus medendi, es besteht aus 14 Büchern. Leitgedanke darin ist, dass alle Erscheinungen in der Natur und beim Menschen einen bestimmten Zweck erfüllen. Galen begriff den Menschen als eine Leib-Seele-Einheit, die von zwei Seiten beeinflusst wird, vom Spirituellen und von der Materie.

Er nahm die in der Philosophie entwickelte Vier-Elemente-Lehre auf, wonach Feuer, Erde, Luft und Wasser in unterschiedlicher Zusammensetzung die Grundelemente allen Seins darstellen. Ebenso knüpfte er an die in der hippokratischen Medizin bereits in Ansätzen entwickelte Vier-Säfte-Lehre an, welche den vier Körpersäften Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle jeweils die vier Qualitäten (Primärqualitäten) warm und feucht, kalt und feucht, warm und trocken sowie kalt und trocken zuordnete. Die von Galen postulierten vier Geschmacksqualitäten (Sekundärqualitäten) sind: Blut – süß, Schleim – salzig, gelbe Galle – bitter, schwarze Galle – sauer und scharf. Darüber hinaus verknüpfte er die vier Säfte auch mit den vier Lebensphasen des Menschen. Krankheit war für Galen eine „Dyskrasie“, d.h. eine fehlerhafte Mischung der Säfte. Galen legte bei der Diagnose von Krankheiten besonderen Wert auf die Untersuchung von Puls und Harn.

Quelle: Radio Kreta.de; Veröffentlicht am 19. April 2018 von Susanne Krueger

Diesem Ansatz folgend entwickelte Galen ein pharmakotherapeutisches System, das er in einigen seiner Schriften darlegte. Unter diesen der Medikamentenherstellung gewidmeten Schriften sind insbesondere sein „De compositione medicamentorum“ in 17 und sein „De simplicium medicamentorum temperamentis et facultatibus“ in 11 Büchern zu nennen.

Ziel war eine aus Erfahrung abgeleitete, auf Erkenntnis ursächlicher Zusammenhänge und Vernunft basierende Pharmakologie, die mittels des geschriebenen Wortes weitergegeben, überprüft und weiterentwickelt werden konnte. Denn „die Vernunft lehrt uns das allgemeine Ziel der Heilung bei jedem Leiden, die Erfahrung die Kräfte des Stoffes.“ Entsprechend stellte der erste Teil seines De compositione medicamentorum die theoretischen Grundlagen seiner Arzneimittellehre dar, während im zweiten Teil die speziellen Rezepte im Einzelnen folgten. Bei ihnen legte Galen Wert darauf, dass sie erprobt seien, auf Erfahrung beruhten und ihr Wert von den anerkanntesten Pharmakologen bestätigt würden.

Die von ihm angewandten Medikamente unterteilte er in elementare, die nur eine der vier elementaren Qualitäten besaßen, kombinierte – sie wiesen zwei Qualitäten, eine Haupt- und eine Nebenwirkung auf – sowie spezifische für besondere Fälle, etwa Abführ-, Brech- oder Entwässerungsmittel. Während die simplicia genannten elementaren Medikamente zum Teil auf die materia medica des im 1. JH wirkenden Arztes Pedanios Dioskurides zurückgingen, hatte Galen viele seiner Composita durch empirische Untersuchungen entwickelt. Jede Krankheit verlangte nach einem eigenen Medikament, für dessen Auswahl und Dosierung man das Temperamentum, das heißt die angemessene Mischung der Säfte des Kranken selbst, und des erkrankten Körperteils im Speziellen, sowie den Wirkungsgrad des Medikamentes beachten müsse. Er stellte damit die Therapie und Pharmakologie auf eine systematische Basis.

Die Wirkungsgrade seiner Stoffe unterschied er folgendermaßen: kaum merklich, mit den Sinnen deutlich wahrnehmbar, heftig, leicht schädigend sowie heftig, zerstörend.

Krankhaften Veränderungen der ausgewogenen Mischung der Säfte, die sich durch Erhitzen, Anfeuchten, Erkälten oder Austrocknen der betroffenen Körperteile zeigten, müsse mit entgegengesetzt wirkenden Medikamenten begegnet werden. Hierbei sei die Anziehungskraft eines Körperteils auf bestimmte Medikamente, die durch die ähnliche Beschaffenheit auf elementarer Ebene hervorgerufen werden könne, zu berücksichtigen.

An den komplizierten Rezepturen Galens orientierte sich die Pharmakologie des islamischen und des abendländischen Kulturraums bis ins Spätmittelalter. Erst unter dem Einfluss der medizinischen Lehre des Paracelsus verlor diese Galenik genannte Lehre von Herstellung und Zubereitung der Medikamente im Verlauf der frühen Neuzeit an Bedeutung, der Begriff blieb erhalten.

In seinem Werk vereinigte Galen zwei über Jahrhunderte hinweg im Widerstreit stehende medizinische Herangehensweisen:

Die „empirische“ Tradition wurde von Hippokrates (um 400 vuZ) begründet. Diese Herangehensweise war ausdrücklich nichtanatomisch, prognostisch und bestand ausschließlich in der Analyse von Symptomen. Der Körper wurde vor dem Hintergrund der Humoralpathologie vor allem als aus vier Säften bestehend verstanden.

Die „dogmatische“ Tradition geht auf die Alexandrinische Medizin aus dem 3. JH vuZ zurück. Im Gegensatz zu der empirischen Tradition beschäftigt sich die dogmatische mit den festen Bestandteilen des Körpers. Deren Urheber Herophilos von Chalkedon (335-280 vuZ) und Erasistratos (305-250 vuZ) waren möglicherweise die Ersten, die jemals einen Menschen seziert haben. Die Symptome eines Patienten wurden als Folgen von anatomischen Veränderungen betrachtet.

Diese methodische Synthese begründete Galens maßgeblichen Einfluss auf die mittelalterliche Medizin bis hin zur Renaissance. Er soll umfangreiche Sektionen und Vivisektionen an Tieren durchgeführt und nahezu 400 Schriften verfasst haben, die nach seinem Tod durch Oreibasios (326–403 oder 320 bis 400 nC) in 70 Büchern zusammengefasst wurden. Knapp ein Viertel davon ist im griechischen Original oder in lateinischen, arabischen oder syrischen Übersetzungen erhalten. Bis ins 17. JH und darüber hinaus dienten sie als medizinische Lehrgrundlage an den Universitäten.

Viele von Galens Ansichten über die menschliche Anatomie waren jedoch falsch, da er die anhand seiner Sektionen von Schweinen, Affen und Hunden gewonnenen Erkenntnisse einfach auf den Menschen übertragen hatte. Seine Werke dienten als Grundlage anatomischer Vorlesungen und wurden als so vollständig angesehen, dass man lange Zeit keinen Anlass zur Überprüfung sah. Es war nicht üblich und häufig sogar verboten, menschliche Körper zu sezieren. Stellten Ärzte zufällig bei einer Leiche Abweichungen von Galens Lehre fest, hielten sie das untersuchte Organ für eine Missbildung.

Vesalius war in den 1530er Jahren der Erste, der erkannte, dass Galen wohl nie einen Menschen seziert hatte. Er beklagte, man hätte bei einem Metzger mehr über Anatomie lernen können, als bei anatomischen Vorlesungen. Vesalius’ eigene Leichensektionen in den 1540er Jahren, die er dank guter Beziehungen zur Obrigkeit hatte durchführen können, revolutionierten die anatomische Forschung.

Bis heute gültig sind die von Celsus (26 vuZ – 50 nC) beschriebenen, und später von Galen ergänzten, Kardinalzeichen der Entzündung: Rubor (Rötung), Calor (Überwärmung), Tumor (Schwellung), Dolor (Schmerz), Functio laesa (Funktionseinschränkung)

Galens pathophysiologische Vorstellungen

Sind sämtliche Körperbestandteile – darunter versteht Galen die Säfte, das Pneuma und die res naturales (die „konstitutionellen Bedingtheiten“ des individuellen Lebens) – in ausreichender Qualität und Quantität vorhanden und diese körperlichen Funktionen im Sinne einer Zweckmäßigkeit (Teleologie) im freien Fluss, resultiert Gesundheit (sanitas).

Für Galen gibt es fließende Übergänge zwischen dem Zustand der Gesundheit (sanitas), des Krankseins (aegritudo) und einem Zwischenzustand (neutralitas). Dieses Gleich- oder Ungleichgewicht wird durch Größen der res naturales, res non naturales (die nicht-konstitutionellen und damit „konditional-physiologischen Bedingtheiten bzw. prozessualen Abläufe“ im individuellen Organismus) und res praeter naturales geregelt. Die Einflussfaktoren jener drei Gruppierungen bestimmen den Umgang hinsichtlich einer Prophylaxe (praeservatio), Gesunderhaltung (conservatio sanitatis) oder Therapie (curatio). Als „res naturales“ betrachtet Galen:

Elementa: Feuer, Luft, Wasser, Erde und ihre Qualitäten warm, kalt, feucht und trocken;

complexiones sive commixtiones, die verschiedenen Mischungsverhältnisse der Elementa und deren innewohnenden Qualitäten;

compositiones sive humores, die vier Körpersäfte Blut, Schleim, gelbe Galle, schwarze Galle und deren Wechselwirkungen aufeinander;

membra, die Organe des Körpers;

virtutes, die im Körper wirkenden Kräfte (virtus animalis, virtus naturalis und virtus spiritualis);

operationes (actiones), die Wirkungen der virtutes im Körper

NB: Spiritus ist die durch eine hauchartige Substanz vermittelte organbezogene Kraft, die als spiritus vitalis vom Herzen in die Arterien, unter anderem zu einem Arteriengeflecht unter der Schädeldecke, wo eine Umwandlung in spiritus animalis erfolgt, welcher dann in die Hirnventrikel und von dort zu den Nerven gelangt, und als spiritus naturalis von der Leber in die Venen zieht.

Hingegen sind die sog. 6 res non naturales jene sechs fundamentalen Bedingungen bzw. Grundgegebenheiten menschlicher Gesundheit, welche die richtige Mischung der Körpersäfte beeinflussen:

aer, die Qualität der umgebenden Luft (Helligkeit, Temperatur, Feuchte, Geruch und Reinheit sowie Windverhältnisse und das jahreszeitliche Klima in bestimmten Gegenden; ebenso die Qualität von Wohnung und Kleidung);

cibus et potus, die Qualität der Nahrung nach ihren Eigenschaften warm, kalt, feucht, trocken, ob vegetabiler oder animalischer Herkunft und die Art ihrer Zubereitung; ebenso der Zeitpunkt und die Art der Nahrungsaufnahme;

motus et quies der Einfluss von maßvoller, aber auch übermäßiger Bewegung des Körpers oder einzelner Körperteile bei Arbeit, motus, und Ertüchtigungsübungen, exercitia, sowie die Zeit der Ruhe und Erholung;

somnus et vigilia, die Bedeutung von rechter Zeit und Dauer der Schlaf- und Wachzeiten für den Ablauf physiologischer Prozesse; ebenso die gesundheitsförderliche Gestaltung des Bettes (Kopfende höher als Fußteil) und richtige Schlafhaltung;

repletio et evacutio, die Regulierung und Beobachtung der Körperausscheidungen wie Stuhl und Winde, Urin, Sperma und Menstruationsblut, Tränenflüssigkeit und Speichel, Auswürfe aus Mund und Nase, Erbrochenem, Ohrenschmalz; accidentia animi, der förderliche oder schädliche Einfluss der sechs Affekte Zorn (ira), Freude (gaudium oder laetitia), Angst (angustia), Furcht (timor), Traurigkeit (tristitia) und Scham (verecundia).