50 shades of brain > 12 Bechterews Kernsäule

Der „Morbus Bechterew“, die Bambusstab-Krankheit (Spondylitis ankylosans) ist in aller Munde – und keiner weiß, dass Bechterew bedeutende Entdeckungen in unserem Gehirn gemacht hat…

Es geht gar nicht mehr anders: Beim Namen Bechterew denkt man zwangsweise an diese rheumatische Erkrankung.

Versuchen Sie mal, nach dem Bechterew Band im Gehirn zu suchen: Es gibt angeblich „Ungefähr 155.000 Ergebnisse (0,39 Sekunden)“ zu diesem Thema, aber das ist alles gelogen, gefaked und Blödsinn, auf Googles Mist gewachsen…

Bechterew war und ist in meinen neurochirurgischen Augen zuallererst ein bedeutender Gehirnanatom, und sein diesbezügliches Werk „Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark“ (Hansebooks Nov 2016) kann auch heute noch erworben werden:  Taschenbuch. Neuware – „Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark ist ein unveränderter, hochwertiger Nachdruck der Originalausgabe aus dem Jahr 1894“….

Auch wenn es über Bechterew jede Menge Literatur gibt und er insofern gut „dokumentiert“ ist, bleibt mir weiterhin unklar, wer dieses „Hirnband“ und diesen Hirnnervenkern nach ihm benannt hat. S.a. Neuro Names

Was wir hier völlig außer Acht lassen, ist seine Rolle als Psychologe und Physiologe hinsichtlich seiner Reflextheorien.

Man hört den Aufschrei: Was hat der mit seinem Bechterew in meinem Hirn verloren? Immerhin war dieser Russe zuerst Hirnforscher (und hielt den „Bechterew“ für eine Nervenkrankheit…).

Er entdeckte nicht nur einen der vier Gleichgewichtskerne, sondern auch einen der Streifen der Großhirnrinde. Außerdem tragen eine Reihe von Reflexen und „Zeichen“ seinen Namen. Pawlow & Bechterew sind die russischen Reflexpäpste.

Die Entdeckung des Gehirns ist voll von interessanten, zum Teil aber auch lebensgefährlichen Geschichten: Stalin & Bechterew, Lenin & Vogt…

Hier macht kein wechselnd Glück die Zeiten unterschieden,
Die Tränen folgen nicht auf kurze Freudigkeit;
Das Leben rinnt dahin in ungestörtem Frieden,
Heut ist wie gestern war und morgen wird wie heut.
Kein ungewohnter Fall bezeichnet hier die Tage,
Kein Unstern malt sie schwarz, kein schwülstig Glücke rot.
Der Jahre Lust und Müh ruhn stets auf gleicher Waage,
Des Lebens Staffeln sind nichts als Geburt und Tod.
Nur hat die Fröhlichkeit bisweilen wenig Stunden
Dem unverdroßnen Volk nicht ohne Müh entwunden

12 Bechterews Kernsäule

Bechterew Kern (Kernsäule, BeK)

Beim BeK handelt es sich um einen der insgesamt 4 Vestibulariskerne (das sind die Kerne des Gleichgewichtsnerven, also des N. Vestibularis) und zwar um den Nuc vestibularis rostralis (Nuc vestibularis superior).

Der Gleichgewichtsnerv (X. Hirnnerv) ist Teil des Gleichgewichtsorgans.

Exkurs: Das Gleichgewichtsorgan* (Vestibularorgan) ist zusammen mit dem Hörorgan Bestandteil des Innenohrs und befindet sich im Felsenbein.

Es setzt sich aus zwei Anteilen zusammen: Den einen Teil bilden die sog. Makulaorgane, die für die Wahrnehmung linearer Beschleunigungen zuständig sind, und den anderen die Bogengänge, die rotatorische (Dreh-) beschleunigungen wahrnehmen. Die Wahrnehmung dieser beiden Beschleunigungsänderungen erfolgt über ein besonderes Sinnesepithel mit charakteristischen Haarzellen, auf deren Oberfläche sich wiederum Sinneshärchen befinden. Der adäquate Reiz für eine Sinneswahrnehmung ist die Auslenkung eben dieser Sinneshärchen.

Quelle: Wiki

Das paarige Vestibularorgan (Organon vestibulare, Vestibularapparat) der Wirbeltiere und des Menschen befindet sich im Innenohr. Es unterteilt sich meist in jeweils fünf Bestandteile: Drei Bogengänge und die beiden als Maculaorgane bezeichneten Strukturen Sacculus (lat. ‚Säckchen‘) und Utriculus (lat. ‚Schläuchlein‘).

Die mit Endolymphe (nicht mit Luft, wie vor der Beschreibung durch den italien. Anatomen Domenico Cotugno (1736-1822) angenommen wurde) gefüllten Bogengänge bilden das Drehsinnorgan und stehen nahezu senkrecht zueinander und erfassen so die Vektorkomponenten der Drehbeschleunigungen des Kopfes im Raum.

Sie bestehen jeweils aus dem eigentlichen Bogen und aus einer Erweiterung, der Ampulle. In ihr liegen die Haarzellen der Bogengänge, die Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans. Deren Haare ragen in einen Gallertkegel, die Cupula, die den Flüssigkeitsring unterbricht. Bei einer Drehbeschleunigung des Kopfes drehen sich die Bogengänge mit. Die Endolymphe kann sich als Flüssigkeit aufgrund ihrer Massenträgheit, bei entsprechender Ausrichtung des Bogenganges, dieser Drehbewegung mehr oder weniger entziehen. Durch diese relative Bewegung der Endolymphe gegenüber dem Bogengang drückt die Endolymphe die Cupula zur Seite. Dadurch werden die „Haare“ der Sinneshaarzellen abgebogen. Je nach Richtung der Abbiegung kommt es zu einer Beschleunigung oder Verlangsamung der Ruhefrequenz der Sinneshaarzellen. Die elektrische Signale gelangen über den Bogengangnerv zum Gehirn.

Sacculus und Utriculus erfassen die translatorische Beschleunigung des Körpers im Raum. Sie stehen ebenfalls senkrecht zueinander, sodass der Sacculus auf vertikale und der Utriculus auf horizontale Beschleunigungen anspricht. Die Sinneszellen ragen mit ihren Fortsätzen (Sinneshärchen, vor allem Stereozilien) in eine gallertige Membran, die Otolithen (Statolithen) enthält. Otolithen sind feine Kalziumkarbonatkristalle, welche die Dichte der Membran erhöhen und damit wiederum einen Trägheitseffekt ermöglichen, sodass die Erfassung linearer Beschleunigungen überhaupt ermöglicht wird.

Hintergrund & Insiderwissen

Im Rahmen der Reizübertragung (sog. mechano-elektrische Transduktion) wird aus der mechanischen Abscherbewegung ein elektrisches Rezeptorpotential generiert. Charakteristischerweise hat die Haarzelle bereits im Ruhezustand eine Spontanaktivität, welche je nach Abscherrichtung der Zilien – und somit in Abhängigkeit von der Drehrichtung bzw. vom Ausmaß der linearen Beschleunigung – entweder gehemmt oder gesteigert wird.

Ein Großteil der vestibulären Informationen fließt mit Afferenzen aus dem visuellen und taktilen System in den Vestibulariskernen im Hirnstamm zusammen. Die verarbeiteten Informationen werden anschließend in unterschiedliche Bereiche des Gehirns und ins RM gesendet. Unter anderem projizieren die Vestibulariskerne auch in die Augenmuskelkerne und ermöglichen dadurch eine Steuerung der visuellen Wahrnehmung bei Kopfbewegungen.

Klinische Bedeutung

Schwindel (Vertigo)

Das zentrale vestibuläre System führt einen ständigen Vergleich der normalerweise exakt aufeinander abgestimmten vestibulären (Gleichgewichtsnerv), visuellen (optisches System) und somato-sensiblen Afferenzen (aus dem RM) durch. Besteht ein akutes oder chronisches Ungleichgewicht („mismatch“) zwischen diesen versch. Sinnesorganen kann eine multisensorische Fehlwahrnehmung hinsichtlich der Gleichgewichtswahrnehmung entstehen. Diese wird subjektiv als Schwindel wahrgenommen.

Okulomotorik

Zu den Aufgaben des zentralen vestibulären Systems (also auch der Vestibulariskerne) zählt u.a. die Koordination der visuellen Wahrnehmung bei Kopfbewegungen. Für die Kommunikation zwischen vestibulärem System und der Okulomotorik existieren vestibuläre Bahnen zu den Augenmuskelkernen. Diese Verschaltung wird als vestibulo-okulärer Reflex bezeichnet und spielt bei klinischen Funktionsuntersuchungen des vestibulären Systems eine besondere Rolle.

Vestibulo-okulärer Reflex (VOR)

Der VOR ist ein physiologischer Hirnstammreflex und findet z.B. auch Anwendung in der Hirntod-Diagnostik (Fehlen des sog. Puppenkopf-Zeichens).

Er ermöglicht die stabile visuelle Wahrnehmung eines Objekts auf der Netzhaut (Retina) bei Kopfbewegung durch reflektorische, entgegengesetzte Augenbewegung. Die entgegengesetzte Augenbewegung erfolgt dabei mit nahezu gleicher Geschwindigkeit wie die Kopfbewegung selbst.

Nystagmus

Der VOR bildet auch die anatomische Voraussetzung für den sog. Nystagmus. Als Nystagmus bezeichnet man rhythmische, unwillkürliche Augenbewegungen, bei der meist auf eine relativ langsame Folgebewegung eine rasche Rückstellbewegung in die entgegengesetzte Richtung folgt. Man unterscheidet pathologische und physiologische Nystagmusformen. Um den Nystagmus zu prüfen, existieren versch. Provokationsverfahren, zu denen z.B. die kalorische Testung zählt.

Der Nystagmus kann nach unterschiedlichen Kriterien charakterisiert werden:

Nystagmusrichtung: Wird nach der schnellen Rückstellbewegung bezeichnet

Art der Schlagrichtung: Die schnelle Rückstellbewegung kann horizontal, vertikal oder rotierend sein.

Als Faustregel gilt: Der Nystagmus schlägt in das stärker erregte Labyrinth! Schlägt der Nystagmus z.B. nach rechts, so liegt entweder eine Übererregung des rechten Vestibularorgans oder eine Untererregung des linken Vestibularorgans vor!

(Kaes-) Bechterew Streifen (Rindenband, Bechterew-Band)

(Lediglich auf medical dictionary findet man das „band of Kaes-Bechterew“)

Es handelt sich dabei um einen Streifen von horizontalen myelinisierten Fasern in der obersten Schicht der dritten Lage des Isocortex (lat. stria laminae molecularis, engl. stria of molecular layer, Bechterew band, layer of Bechterew, line of Bechterew, line of Kaes)

Wissenschaftliches Werk

Berühmt wurde der Neurologe Bechterew aber nicht durch seinen Kern bzw. seine Kernsäule im Gehirn, sondern durch die nach ihm benannte Wirbelsäulenerkrankung (Bechterewsche Krankheit, M. Bechterew (-Strümpell-Marie), ankylosierende Spondylitis, rheumatoide Spondylitis, lat. Spondylarthritis ankylopoetica) – die er allerdings nicht als erster beschrieben hat…

NB: Das Wort „Morbus“ ist die lateinische (medizinische) Bezeichnung für Krankheit, abgekürzt: M.).

Seit 2009 gehört der „M. Bechterew“ zur Krankheitsfamilie „axiale Spondyloarthritis“ (axSpA), welche auch die frühen und weniger ausgeprägten Formen von M. Bechterew mit einbezieht.

Nach Bechterew wurden auch benannt:

Bechterew-Reflexe (Augen-, Hacken-, paradoxer Pupillenreflex, Pronationsreflex)

Bechterew-Mendel-Reflex (Bechterew-Zeichen): Plantarflexion der Zehen (evtl. auch fächerförmige Spreizung) auf Schlag gegen den fersennahen Teil des seitlichen Fußrückens; Es handelt sich um ein sog. Pyramidenbahnzeichen.

Bechterew-Jacobsohn-Karpometakarpal-Reflex: Fingerbeugung auf Beklopfen eines der Griffelfortsätze der Unterarmknochen oder des Handrückens; Es handelt sich ebenfalls um ein Pyramidenbahnzeichen.

Bechterew-Ischias-Zeichen: Unvermögen des im Bett Sitzenden, beide. Beine gleichzeitig zu strecken; Es handelt sich um ein Reizzeichen des Ischiadikus.

Wladimir Michailowitsch Bechterew

(* 20. Januar jul. / 1. Februar 1857 greg. im Dorf Sorali, Gouvernement Wjatka; 24. Dezember 1927 in Moskau)

NB: jul bezieht sich auf den sog. „Julianischen Kalender“ der orthodoxen Christen, während die „anderen Christen“ die Zeit nach dem „Gregorianischen Kalender“ (greg) rechnen)

war ein russischer Arzt, Neurologe, Psychiater und Neurophysiologe des 19./20. JH.

Er untersuchte den Aufbau des Gehirns, erforschte konditionierte Reflexe und war einer der führenden Vertreter der sog. verhaltenskundlichen Reflexkettentheorie (s.d.).

Wladimir Michailowitsch Bechterew, Quelle Wiki

Biographisches

Bechterew, der Sohn eines Polizeioffiziers, studierte an der Militärmedizinischen Akademie St. Petersburg, wo er sein Medizinstudium 1878 abschloss. Er begann seine ärztliche Laufbahn an der Psychiatrischen Klinik und habilitierte sich 1881 in Neurologie und Psychiatrie. 1884 unternahm er Studienreisen und wurde Schüler von Jean-Martin Charcot (1825-1893) in Paris und Wilhelm Wundt (1832-1920, Wundt gilt als einer der Begründer der Psychologie…) in Leipzig. Wieder in Russland wurde er 1885 Professor der Psychiatrie in Kasan, wo er den klinischen Unterricht reformierte und eine „Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie“ ins Leben rief. 1893 wurde er Professor der Psychiatrie an der Militärmedizinischen Akademie in Sankt Petersburg. 1886 gründete er in Kasan das erste russische experimentalpsychologische Labor und 1903 in Sankt Petersburg das Psychoneurologische Labor, dessen Leiter er 1908 wurde.

Die Militärmedizinische Akademie S. M. Kirow; Quelle

Wissenschaftliches Werk

Bechterew erforschte angeborene und erlernte Reflexe. Unabhängig von Iwan Pawlow (s.d.) entwickelte er eine Theorie der konditionierten Reflexe. Er wurde damit einer der Begründer der sog. „objektiven Psychologie“ russischer Prägung und gilt als einer der Väter der Verhaltenstherapie.

Als Professor in Kasan war Bechterew auch neuroanatomisch tätig und beschrieb neuronale Leitungsbahnen in Gehirn und RM.

Einer der insgesamt vier Kerne des Gleichgewichtsnerven (N. Vestibularis), der Nuc vestibularis rostralis (superior) wird nach ihm Bechterew-Kern genannt ( aber das wissen wir ja schon…)

Nach der Oktoberrevolution wurde im Mai 1918 auf Bechterews Initiative in Petrograd das Institut für Hirnforschung gegründet, das er bis zu seinem Tode leitete.

Wladimir Bechterew starb 1927 im Alter von 70 Jahren und soll vergiftet worden sein… Angeblich wurde er auf Geheiß Josef Stalins (1878-1953) ermordet, nachdem Bechterew bei dem Massenmörder zwei Tage zuvor eine schwere Paranoia diagnostiziert hatte…

Einige Jahre später wies Andrei Wyschinski (1883-1954) als Stalins Chefankläger ein Gericht an, Bechterews Sohn Pjotr (Bechterew, keine Daten im Netz…) zum Tode zu verurteilen und dessen Familie in ein Lager einzuweisen…

Bechterew soll über 1500 wissenschaftliche Publikationen verfasst haben – (was mit Sicherheit Weltrekord wäre…). Dazu gehören die Ergebnisse seiner Tierversuche und seiner Experimente mit Patienten. Er beschäftigte sich außerdem mit Hypnose, Halluzinationen, Masturbation, Epilepsie, Reptilienbesessenheit oder zwanghafte Eifersucht…

Folgender Artikel illustriert das auch heute noch bestehende Interesse an Bechterew:

„Aber es ist ein Leiden der Wirbelsäule, das seinen Namen in der Medizingeschichte unsterblich macht: Morbus Bechterew“.

Die Symptome führt er irrtümlich auf ein Nervenleiden zurück. Heute gilt „Der Bechterew“ als rheumatische Erkrankung.

Eine riskante Diagnose

Im Dezember 1927 fährt Bechterew zum ersten allrussischen Kongress der Neuropathologen und Psychiater – und wird von Josef Stalin zur Konsultation in den Moskauer Kreml gerufen, vermutlich wegen einer Nervenstörung in der linken Hand.

Ehrungen und Auszeichnungen

Seit 1992 wird von der Russischen Akademie der Wissenschaften für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Psychophysiologie die Bechterew-Goldmedaille verliehen.

2007 erscheint eine russische Briefmarke mit seinem Konterfei.

Literatur & Veröffentlichungen

Das Verbrechertum im Lichte der objektiven Psychologie (Wiesbaden, 1914)

Bechterew, W. v., Ueber hypnotischen Zauberwahn ….

Martin Pappenheim (Hrsg.): Allgemeine Grundlagen der Reflexologie des Menschen (F. Deuticke, Wien 1926).

Vladimir Michajlovic Bechterev (1857-1927): Neue Materialien zu Leben und Werk

By Regine Pfrepper, Gerd Pfrepper, et al.|1 Dec 2007

Exkurs: Die Vestibulariskerne (Vestibularkerne, Nuclei vestibulares)

bilden einen Kernkomplex aus jederseits vier Haupt-Kerngebieten und einigen kleineren zusätzlichen Kerngruppen im dorsalen Rautenhirn* (Rhombencephalon). Sie liegen medial des unteren Kleinhirnstiels, in der Area vestibularis der Rautengrube, also im verlängerten Mark (MO) und im unteren (kaudalen) Bereich der Brücke (Pons) unter dem Boden des IV. Ventrikels.

Zu diesen Vestibularkernen zieht der wesentliche Teil der Primärafferenzen (erstes afferentes Neuron) von sekundären Sinneszellen (Haarzellen) des Vestibularorgans, also Nervenfasern des vestibulären Teils (Pars vestibularis) vom VIII. Hirnnerven (N. Vestibulocochlearis, der auch nur als N. Vestibularis bezeichnet wird.

Im Einzelnen unterscheidet man die vier Hauptkerne (s. Abb.):

Nucleus vestibularis rostralis (superior): Bechterew-Kern

Nucleus vestibularis lateralis: Deiters-Kern (s.d.)

Nucleus vestibularis medialis: Schwalbe-Kern (s.d.)

Nucleus vestibularis caudalis (inferior): Roller-Kern (s.d.)

Hintergrund und Insiderwissen

An Afferenzen erhält der Kernkomplex insgesamt außer den primärafferenten vestibulären – von den drei Bogengängen (Cristae ampullares) und den beiden Maculae von Utriculus und Sacculus des GG-Organs im vestibulären Teil des Innenohrs gleicher Seite – verschiedene zerebelläre Projektionen von Kleinhirn-Anteilen zur Koordination von Blick- und Stützmotorik, als spinale Afferenzen auch primärafferente der Propriozeptoren tiefer Hals- und Nackenmuskel sowie u. a. auch visuelle Informationen via Afferenzen seitens der oberen Hügel des Mittelhirns.

Über Efferenzen sind die unterschiedlichen Kerngebiete einer Seite nicht nur untereinander und teils über Kommissuren mit den gegenseitigen verbunden, sondern auch mit versch. anderen Regionen des Gehirns wie auch des RM, so mit

– der medullären und pontinen Formatio reticularis* aus allen vestibulären Hauptkernen (vestibulo-retikulär),

– den archi- und paläo-zerebellären Anteilen des Kleinhirns (insbesondere Flocculus, Nodulus und Uvula), die neben diesen sekundären auch primäre vestibulo-zerebellare Zuflüsse erhalten und unter diesem Aspekt als Vestibulozerebellum zusammengefasst werden,

– den Augenmuskelkernen (Nuc N. Oculomotorii, Nuc N. Trochlearis und Nuc N Abducentis) und akzessorischen Kernen des Mittelhirns (Nuc interstitialis Cajal, s.d.), hauptsächlich über das mediale Längsbündel (Fasciculus longitudinalis medialis),

– versch. Motoneuronen unterschiedlicher Segmente des RM, über die seitliche und mittlere vestibulo-spinale Bahn (Trac vestibularis lateralis bzw. medialis), sowohl direkt als auch über spinale Interneuronen,

– besonderen Kerngebieten (Nucc ventrales posterio-inferior, ventrales postero-lateralis, lateralis thalami) des Thalamus als spezifische Projektion (neben der unspezifischen über das aufsteigende retikuläre System* (ARS, ARAS)), und von dort als zentrale Gleichgewichtsbahn zu zwei Arealen der Großhirnrinde (Cortex cerebri), die offenbar für bewusste Wahrnehmungen unserer Körperstellung im Raum von Bedeutung sind (Area 2v und 3a des somatosensorischen Cortex).