50 shades of brain > 16 Die (Riesen-) Pyramiden(bahn-)zellen von Betz

Die Riesenpyramidenbahnzellen von Betz, kurz Pyramidenzellen, sind die Zellen, die mit ihren Fortsätzen, den Neuriten (Axonen), die sog. Pyramidenbahn bilden. Es handelt sich damit im landläufigen Sinn um die wichtigste und bekannteste Bahn des ZNS.

Sie ist dafür verantwortlich, dass wir uns so bewegen können, wie wir uns bewegen…

Diese Zellen bilden die längsten „nervösen“ (nervalen) Strukturen, welche beim erwachsenen Menschen bis zu einem Meter lang werden können und von der Zentralregion des Gehirns (Gyrus postcentralis) bis ins RM (d.h. bis zum Steiß) reichen…

Denn hier, wo die Natur allein Gesetze gibet,
Umschließt kein harter Zwang der Liebe holdes Reich.
Was liebenswürdig ist, wird ohne Scheu geliebet,
Verdienst macht alles wert und Liebe macht es gleich.
Die Anmut wird hier auch in Armen schön gefunden,
Man wiegt die Gunst hier nicht für schwere Kisten hin,
Die Ehrsucht teilet nie, was Wert und Huld verbunden,
Die Staatssucht macht sich nicht zur Unglücks-Kupplerin:
Die Liebe brennt hier frei und scheut kein Donnerwetter,
Man liebet für sich selbst und nicht für seine Väter.

16 Die (Riesen-) Pyramiden(bahn-)zellen von Betz

Die Betz-Zelle (Betzsche Riesenpyramidenzelle, engl. Cell of Betz) ist ein neuronaler Zelltyp im motorischen Teil der Großhirnrinde (dem primär-motorischen Cortex der Grauen Substanz des Endhirns).
Die bis zu 100 µm (also etwa 1/10 mm) großen Zellkörper (Perikarya) dieser Pyramidenzellen liegen in der Schicht Vb der Großhirnrinde des Gyrus praecentralis des Frontallappens und sind kennzeichnend für den zytoarchitektonischen Bau dieser Region (Brodmann-Areal 4, s.d.). Die Betzschen Riesenzellen stellen hier etwa 5 % der Pyramidenzellen, ihre Anzahl beim Menschen wird auf nur etwa 30.000 geschätzt.

Hintergrund & Insiderwissen

Die Axone (Neuriten) der Betz-Zellen projizieren über lange absteigende Bahnen zu tiefer gelegenen Regionen des ZNS im Hirnstamm und im RM und bilden teils unmittelbar exzitatorische Synapsen mit Motoneuronen in Kernen von Hirnnerven oder solchen im Vorderhorn von RM-Segmenten. Ihre stark myelinisierten Axone sind als über 10 µm dicke Nervenfasern in diesen Projektionsbahnen zu finden, den Tractus cortico-nucleares wie den Tractus cortico-spinales, die daneben mehrere Hunderttausend weiterer Fasern führen und zusammengefasst auch als Pyramidenbahn bezeichnet werden. Zu den Betz-Zellen gehören die größten Nervenzellen – mit zentralen Fortsätzen, die beim erwachsenen Menschen länger als ein Meter werden.

Betz-Zellen sind multipolare Nervenzellen. Der von der Spitze (lat. apex) ausgehende kräftige apikale Zellfortsatz ist ein Dendrit und zieht nach oben, wo seine Aufzweigungen die Schicht I erreichen. Dieser apikale Dendrit erhält hier Signale vor allem von thalamischen und prämotorischen Afferenzen; er stellt den hauptsächlichen Informationseingang der Pyramidenzelle dar. Die dornigen Auftreibungen sind jeweils postsynaptische Vorwölbungen, Dornfortsätze. Außer dem apikalen sind noch einige weitere Dendriten an der Basis zu sehen; diese basalen Dendriten zweigen in den Schichten V und VI auf.

Der basale Neurit der Betz-Zellen, welcher nach unten zieht, stellt den Informationsausgang der Pyramidenzelle dar. Das Axon gibt noch im Cortex eine Reihe von Kollateralen ab, die annähernd rechtwinklig abzweigen.

Klinische Bedeutung

Ein Ausfall der Pyramidenbahn (s. Exkurs), z.B. nach einem Schlaganfall, führt zu Lähmungserscheinungen aller Art.

In der klinischen Neurologie findet man dann häufig die sog. „Pyramidenbahnzeichen

Quelle Wiki

Das pyramidale System (PS) ist ein System der Bewegungssteuerung bei Säugetieren. Es bezeichnet eine Ansammlung zentraler Motoneuronen und ihrer in der Pyramidenbahn zusammen verlaufenden Nervenzellfortsätze (Neuriten). Das PS ist bei Primaten und vor allem beim Menschen besonders gut ausgebildet. Zusammen mit dem extrapyramidal-motorischen System (EPMS) steuert es alle willkürlichen und einen Teil der unwillkürlich ablaufenden Bewegungen (Motorik).

Der Name leitet sich von der anatomischen Struktur Pyramis medullae oblongatae [von griech. pyramis = Pyramide] ab, ein Vorsprung auf der Vorderfläche des Myelencephalons, welche an eine auf den Kopf gestellte Pyramide erinnert. Fälschlicherweise wird angenommen, der Namen käme von der pyramidenähnlichen Struktur der Perikaryen seiner Ursprungszellen (Pyramidenzellen). Pyramidenzellen kommen auch vor nicht nur als Ursprung der Pyramidenbahn.

Aufbau und Funktion

Das PS ist für die Feinmotorik und die willkürliche Motorik zuständig. Es hat seinen Ursprung in der Primär-motorischen Rinde (Gyrus praecentralis), also in einem definierten Teil der Großhirnrinde. Dort sitzen die Zellkörper der zentralen Motoneurone, bei denen es sich histologisch um Pyramidenzellen handelt. Einige auffällig große Motoneurone werden als Betz-Riesenzellen (s.d.) bezeichnet. Die meisten Zellen, die das PS bilden, sind jedoch kleinere Pyramidenzellen der motorischen Rinde. Die axonalen Fasern der Motoneurone laufen von der Hirnrinde über die Capsula interna, den Hirnstamm und die weiße Substanz des RM zum unteren Motoneuron (LMN). Das PS ist beim Menschen besonders gut entwickelt, während es bei Tieren nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Betz-Riesenzellen sind in der Schicht V (Lamina V) der motorischen Rinde des Isocortex anzutreffen. Diese Riesenzellen senden zwar alle ihre Axone in die Pyramidenbahn, ihr Anteil an diesen Fasern liegt jedoch unter 5 %. Über 90 % der Fasern wird von kleineren Pyramidenzellen gestellt. Solche kleine Pyramidenzellen sind aber überall im Isocortex und daher überall auf der Großhirnrinde vertreten, siehe insbesondere Schicht III (Lamina III). 70 % der Nervenzellen im Kortex sind Pyramidenzellen. Von ihnen wird der Hauptteil der Informationsverarbeitung getragen. Ihr Vorkommen ist also keineswegs auf die motorische Rinde beschränkt. Betzsche Riesenzellen bilden in dieser Hinsicht eine Ausnahme.

Der Hauptteil des PS ist die Pyramidenbahn (Tractus cortico-spinalis). Sie ist beidseits an der Unterseite der MO (Medulla oblongata, Myelencephalon) als seichter Längswulst (Pyramis, Pyramide) sichtbar. In der Pyramidenkreuzung (Decussatio pyramidum), am Übergang zwischen Nachhirn und RM, kreuzen 70 bis 90 Prozent der Neuriten als Tractus cortico-spinalis lateralis auf die jeweils andere Seite (kontralateral), die restlichen laufen als Tractus cortico-spinalis anterior paramedian im Vorderstrang des RM und kreuzen segmental ins Vorderhorn der kontralateralen Seite des RM. Einige Bahnen kreuzen überhaupt nicht, sondern verbleiben ipsilateral. Das Ausmaß der Kreuzung ist aber bei den einzelnen Säugern unterschiedlich. Beim Menschen und auch beim Hund kreuzt die Mehrzahl der Fasern. Bei Huftieren kreuzt nur etwa die Hälfte der Bahnen (Kontralateralität des Vorderhirns).

Das PS zieht vorwiegend zu den Interneuronen des RM und steuert über diese die motorischen Wurzelzellen, die motorischen Vorderhornzellen im RM. Einige Fasern gehen direkte (monosynaptische) Verbindungen ein.

Querschnitt durch das Rückenmark; Pyramidenbahn rot; Quelle: Wiki
Freipräparierte Pyramidenbahn (rot); Quelle: Wiki

Klinische Bedeutung

Eine einseitige Schädigung des pyramidalen Systems (z.B. durch einen Schlaganfall) führt bei Menschen und anderen Primaten infolge der Pyramidenkreuzung meist zu einer Lähmung (Parese) der Gegenseite des Körpers. Die Lähmung ist nicht vollständig (also keine Plegie), da eine extrapyramidale Steuerung in der Regel weiterbesteht und einige Funktionen übernehmen kann. Typisch sind jedoch die sog. Pyramidenbahnzeichen, der Verlust der Feinmotorik, Mitbewegungen anderer Muskelgruppen oder der Gegenseite und eine allgemeine Ungeschicklichkeit. Tatsächlich sind diese Symptome jedoch immer Folge einer Läsion mehrerer kortiko-fugaler Bahnen, die nicht nur die Pyramidenbahn betreffen, sondern etwa auch die rubro-spinale und die (laterale) retikulo-spinale Bahn. Im Fall einer (äußerst seltenen) isolierten Schädigung der Pyramidenbahn übernehmen andere motorische Bahnen weitgehend deren Funktion, sodass lediglich geringfügige Störungen der Feinmotorik zu erwarten sind.

Bei vielen Säugetieren sind die Ausfälle weit weniger dramatisch, da das pyramidale System bei ihnen nicht so bedeutsam ist. Hier beschränken sich die Schädigungen auf Haltungsstörungen des Halses und den Ausfall der Stellungsreaktionen, selbst wenn man den gesamten motorischen Cortex einer Seite entfernt. Die arttypischen Bewegungsmuster sind kaum verändert, da sie vorwiegend vom extrapyramidalen System und damit von anderen Gehirnteilen ausgehen.

Die Kreuzung der Pyramidenbahn wurde 1709 erstmals von Domenico Mistichelli (1675–1715) beschrieben. Ein Jahr später wies François Pourfour du Petit (1664-1741) die Kontralateralität des motorischen Systems nach.

Quellen, und Veröffentlichungen

Martin Trepel: Neuroanatomie (Urban & Fischer)

Franz-Viktor Salomon: Nervensystem, Systema nervosum. In: Salomon, Geyer, Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin (Enke, Stuttgart 2004)

Hermann Voss, Robert Herrlinger: Taschenbuch der Anatomie. Band III: Nervensystem, Sinnessystem, Hautsystem, Inkretsystem (Fischer, Jena 1964)

Pyramidenbahn. Spektrum.de, abgerufen am 14. März 2018.

Michael Schünke; Erik Schulte; Udo Schumacher. Ill. von Markus Voll …, Prometheus/ Kopf, Hals und Neuroanatomie: … 123 Tabellen. (Thieme, Stuttgart 2015)

Alfred Benninghoff, Kurt Goerttler: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhänge. 3. Band: Nervensystem, Haut und Sinnesorgane (Urban & Schwarzenberg, München 1964)

Manfred Spitzer: Geist im Netz. Modelle für Lernen, Denken und Handeln (Spektrum, Heidelberg 1996)

S. Silbernagl, F. Lang (Hrsg.): Taschenatlas der Pathophysiologie. (Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2005)

Wladimir Alexandrowitsch Betz

(ukrainisch Володи́мир Олексійович Бец /Wolodymyr Oleksijowytsch Bez)

(* 14. April jul. / 26. April 1834 greg. bei Oster, Gouvernement Tschernigow; 30. September jul. / 12. Oktober 1894 greg. in Kiew)

war ein ukrainisch-russischer Arzt, Anatom und Histologe des 19. JH.

Wladimir Alexandrowitsch Betz

Biographisches

Betz studierte Medizin an der St.-Wladimir-Universität Kiew, wurde dort 1860 promoviert und ging als Prosektor an das dortige Anatomische Institut. Von 1868 bis 1889 war er Professor für Anatomie in Kiew.

1874 beschrieb er die später nach ihm benannten Betz-Zellen im „Motorcortex“ (d.h. in der motorischen Hirnrinde).

Betz begann seine Ausbildung im Nizhyn Gymnasium (Ukraine, damals Teil des Russischen Reiches). Später wechselte er zum sog. zweiten Kiew Gymnasium and machte dort 1853 das Abitur.

1860 erhielt er das Doktordiplom der Medizinischen Fakultät der Sankt Wladimir Universität in Kiew (jetzt Taras Shevchenko National University of Kiew) und wurde Prosektorgehilfe am Anatomischen Institut. Er ging dann ins Ausland (ab Mai 1861) wo er die Vorlesungen der Professoren Brücke, Robert Bunsen (1811-1899, der mit dem Brenner…), Kölliker (s.d.), Hermann von Helmholtz (1821-1894, der „Reichskanzler der Physik“…) und Gustav Robert Kirchhoff (1824-1887, der mit seinen elektrischen Gesetzen…) besuchte und kehrte im September 1862 zurück. Von 1864 bis 1867 gab er selbst Anatomie- und Histologie-Vorlesungen an der Universität. 1868 stieg er auf in den Rang eines außerordentlichen Professors und wurde 1870 ordentlicher Professor des Anatomischen Institutes.

Rotes Universitätsgebäude der Taras-Schewtschenko-Universität; Quelle: Wiki

Wissenschaftliches Werk

In der Zeitschrift Brain erschien 2011 folgender Artikel über Betz

OCCASIONALPAPER

The discovery of the pyramidal neurons: Vladimir Betz and a new era of neuroscience (Die Entdeckung der pyramidenförmigen Neuronen: Vladimir Betz und eine neue Ära der Neurowissenschaften)

Sergiy V. Kushchayev, Vitaliy F. Moskalenko, Philip C. Wiener, Vitaliy I. Tsymbaliuk, Viktor G. Cherkasov, Irina V. Dzyavulska, Oleksander I. Kovalchuk, Volker K. H. Sonntag, Robert F. Spetzler and Mark C. Preul

Zusammenfassung (Übersetzung: jols/Microsoft/Linguee)

Als Folge des technologischen Fortschritts kam es im 19. JH zu einer tiefgreifenden Veränderung in Bezug auf die Kenntnisse über das Nervensystem. So ermöglichte eine verbesserte Mikroskopie in der ersten Hälfte des 19. JH eine hohe Vergrößerung ohne Unschärfe. Die dadurch mögliche Beobachtung von kernhaltigen Zellen führte zur Identifizierung einzelner individueller Gehirnzellen. Neue Herangehensweisen an die Naturwissenschaften übernahmen die Führung von denen, welche auf physische Beobachtungen angewendet wurden. Der ukrainische Anatom und Histologe Wladimir Alexejewitsch Betz (1834-94) spielte eine führende Rolle bei der Umgestaltung wissenschaftlicher und philosophischer Zugänge zum Gehirn, indem er zerebrale Lokalisierung, Funktion und Hirnmikrostruktur miteinander verband. Betz revolutionierte Methoden der Zellfixierung und Färbung. Seine Arbeiten erbrachten enorme technologische Verbesserungen.

Betz‘ größter Beitrag war jedoch die Verbindung seiner Entdeckung der Funktion riesiger pyramidaler Neuronen des primären motorischen Kortex („Zellen von Betz“) mit der kortikalen Organisation. Unter Berücksichtigung der kortikalen Zytoarchitektur in Bezug auf die physiologische Funktion erkannte Betz diese Organisation in zwei Bereichen: motorisch und sensorisch. Er definierte aus histologischen Gründen einen Funktionsbereich und eröffnete damit den Weg, präzise kortikale Bereiche zu untersuchen. Betz beteiligte sich an der wissenschaftlichen Transformation der Zytoarchitektonik auf der Grundlage makro- und mikroskopischer Untersuchungen der kortikalen Oberfläche, die es ihm ermöglichte, die Pfade von Nervenzellen im Gehirn zu verfolgen. Betz‘ Einfluss ermöglichte die Systematisierung verstreuter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Entdeckung von Pyramidenzellen war ein Wendepunkt in der vorherrschenden philosophischen und wissenschaftlichen Herangehensweise an das Gehirn, die Zytoarchitektur, Neurophysiologie und zerebrale Lokalisierung miteinander verbindet.

Für die Person, die nach mir einen Tempel betreten wird, in dem laut Sylvius „der Tod froh ist, dass auch er zum Leben beiträgt“, sollte dieser Aufsatz eine Richtschnur sein: Anatomie sollte nicht als vollendete Beschreibung gelten oder die einzige angewandte wissenschaftliche Disziplin sein, welche die Ehre hat, der medizinischen Praxis zu dienen; es ist eine Sache, die durch eine bekannte Rede von Hamlet an Horatio beschrieben wird: „Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf der Erde, Horatio, als ihr euch in eurer Philosophie geträumt.“ (Vladimir Betz, 1887 Morphologie der Osteogenese).

In diesem Artikel stellen wir eine ausführliche Biographie von Vladimir Betz (1834–94) vor, der weitgehend ungekrönt geblieben ist, und seine Beiträge und Auswirkungen auf die entstehende Neurowissenschaft dokumentiert (obwohl der Begriff „Betz-Zelle“ weithin bekannt geworden ist, wurde Betz nicht unter W. Haymakers (keine weiteren Infos…)und F. Schillers (keine weiteren Infos, gemeint ist jedenfalls nicht Friedrich Schiller…)Gründer der Neurologie“ geführt, und er findet keine Erwähnung in den über 450 Seiten von Edwin Clarke (keine weiteren Infos…)und L.S. Jacyna „Grundlagen der neurowissenschaftlichen Konzepte des 19. Jahrhunderts“.

Wir zeigen auch zum ersten Mal Farbphotomikrographien seiner eigenen histologischen Präparate – die nach ihm benannten Gehirnzellen, die Betz-Zellen oder die riesigen Pyramidenzellen. Nach vier Jahrhunderten der Erforschung des Gehirns war Betz das Bindeglied (der Nexus) von drei getrennten Linien der neurologischen Wissenschaften. Sein Beitrag spielte eine wegweisende Rolle bei der Entstehung des modernen Systems, das wir als „Neurowissenschaften“ erkennen. Die Entdeckung und Erkenntnis der  Pyramidenzellen („die Zellen von Betz“), ermöglichte die Systematisierung verstreuter wissenschaftlicher Fakten und Erkenntnisse und wurde zur Grundlage für die neurohistologischen Arbeiten von Cajal (s.d.), Golgi (s.d.), E. Lewis (keine weiteren Infos…), H.J. (?) Campbell (keine weiteren Infos…)und Brodmann (s.d.) sowie neurophysiologische und chirurgische Studien von Broca (s.d.), V. Horsley,  Sherrington, H. Cushing und W. Penfield.

Ehrungen & Auszeichnungen

Seine Präparationen des Hirngewebes wurden zweimal mit Medaillen ausgezeichnet – an der All-Russischen Handwerksausstellung 1870 und an der Wiener Weltausstellung 1873.

1874 beschrieb er die Riesen-Pyramidenzellen im primär motorischen Cortex, die heute nach ihm benannt sind.

Quelle: Brain, 2011

Quellen, Literatur & Veröffentlichungen

Betz W. „A new method of human CNS exploration“ (1870)

Betz W. „On the grouping of the convolutions of human brain“ (1871)

Betz W. „Die Untersuchungsmethode des Centralnervensystems beim Menschen“ (M Schultze’s Arch f micr Anatom, 1872)

Betz W. „Anatomischer Nachweis zweier Gehirncentra“ (Centralblatt für die medizinischen Wissenschaften. 12, 1874)

Betz W. „Two centers in the human brain cortex“ (1875)

Betz W. „An anatomy of the human brain surface, with an atlas and 86 tables“ (1883)

Betz W. Morfologia osteogeneza (Kiew, 1887)

mit B.A. Antonovich „Historical Public Figures of South-Western Russia “ (1883)

(NB: Natürlich hat Betz nicht auf Englisch veröffentlicht, sondern wenn überhaupt „fremdländisch“ auf Deutsch…)

Zugabe: Klaus Joachim Zülch: Neurochirurgie, Neurologie und die neuropathologischen Grundlagen

Zentralbl Neurochir 2002; 63(1): 29-35

DOI: 10.1055/s-2002-31577

Historisches

© Johann Ambrosius Barth

Klaus Joachim Zülch: Partner to neurosurgery, advocate of neurology and the neuropathological basis

H. D. Mennel

Abteilung für Neuropathologie, Medizinisches Zentrum für Pathologie, Philipps-Universität Marburg

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Zusammenfassung:

Klaus Joachim Zülch (1910- 1988) war von 1959 bis zu seiner Emeritierung Direktor des Max-Planck-Institutes für Hirnforschung, Abteilung Allgemeine Neurologie, in Köln-Merheim. In dieser Institution und als Chefarzt der Neurologischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten waren seine Hauptarbeitsgebiete die großen neurologischen Themen: Mit morphologischen Methoden im Labor und direkt am Krankenbett standen Hirndruck, Hirnödem, Schädel-Hirn-Trauma (SHT), die Durchblutungsstörung und – ganz besonders – die Hirntumoren im Zentrum des Interesses.

Dieses breite Interesse mag von den Lehrjahren bei Otfrid Foerster (s.d.) in Breslau herrühren: Die am stärksten ausstrahlende Wirkung lag vermutlich in der Ordnung der Hirntumoren, die aus der langen Zusammenarbeit mit dem Neurochirurgen Wilhelm Tönnis (1898-1978) erwuchs. Das Gespann Tönnis-Zülch kann mit dem Duo Cushing-Bailey verglichen werden, dessen Ansatz auch von Zülch konsequent weiter verfolgt wurde.

Trotzdem war Klaus Joachim Zülch nicht nur “kleiner Partner” der Neurochirurgie, sondern hat das Thema Neuroonkologie als eines der großen, auch epidemiologisch bedeutsamen Felder einer klinischen Neurologie und Neuropathologie “fürs Grobe” gesehen. Das traditionell gedämpfte Interesse der klinischen Neurologie für diese Themen wurde von ihm immer wieder herausgefordert. Heute sind die molekularbiologischen Grundlagen für die meisten Erkrankungen des Nervensystems gleich oder ähnlich.

Zusammenfassung (Übersetzung jols…):

Klaus Joachim Zülch (1910-1988) hat, seit 1959 Leiter einer Abteilung der Deutschen Max-Planck-Gesellschaft, die neurologischen Wissenschaften im Nachkriegsdeutschland stark beeinflusst. Die Abteilung für Allgemeine Neurologie warf eine Sektion des renommierten Max-Planck-Instituts für Hirnforschung und fand ihren Platz in Köln. Gleichzeitig leitete Zülch die örtliche Neurologieabteilung des städtischen Kölner Krankenhauses am rechten Rheinufer in Köln Merheim. In dieser Doppelposition konnte er seine Arbeit als Neurologe auf die großen Themen dieses Fachgebiets konzentrieren, die zu dieser Zeit nicht im Zentrum des neurologischen Interesses standen: Die Verbindung der Grundlagenforschung, d.h. Morphologie mit wichtigen Themen wie intrakranieller Druck, Hirnschwellung und Ödeme, Hirn- und Rückenmarksstörungen, Kopfverletzungen und – in erster Linie – Tumoren des zentralen Nervensystems.

Dieser breite Zugang zu wesentlichen Fragen auf diesem Gebiet war wahrscheinlich auf seine Erziehung in der deutschen neurologischen Tradition zurückzuführen. Sein erster Kontakt mit dieser Spezialität fand in der neurologischen Klinik Otfrid Foersters in Breslau, heute in Polen, vor dem Zweiten Weltkrieg statt. Otfrid Foerster, ein neurologischer Enzyklopädist, übte einen tiefen Einfluss auf Klaus Joachim Zülch lebenslang aus. Hier kam er auch mit Percival Bailey in Kontakt, mit dem er seitdem die Obsession teilte, Hirntumoren zu klassifizieren. Diese Leidenschaft wurde fruchtbar, als er 1936 mit Wilhelm Tönnis zu seiner Zeit in Würzburg zusammenkam. Die Zusammenarbeit setzte sich fort, als Tönnis nach Berlin zog, während und nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1959, als Klaus Joachim Zülch Leiter der erwähnten Abteilung der deutschen Max-Planck-Gesellschaft wurde.

Zu dieser Zeit gab es bereits wichtige Beiträge zu Hirnverletzungen, Hirnödem und Tumorklassifizierung. Das Paar Wilhelm Tönnis und Klaus Joachim Zülch kann durchaus mit dem Team von Harvey Cushing und Percival Bailey verglichen werden. Ihre jeweiligen Philosophien waren ebenso identisch, nämlich Tumore des zentralen Nervensystems durch einen pragmatischen Ansatz zu klassifizieren, der die Kommunikation zwischen Neuropathologen, Neurochirurgen, Neurologen und natürlich letztlich so hilfreich wie möglich für den Patienten.

Seit 1959 wandte sich Zülchs Forschung den Themen Hirnhypoxie, Durchblutungsstörungen und Schlaganfall zu, auch wenn sein Interesse bei den anderen Gegenständen blieb, wann immer neue oder alte Fragen aufkamen. Die Beschäftigung mit Tumoren wurde noch intensiver, als die WHO an seinem Platz in Köln ein Referenzzentrum für die Klassifizierung von Hirntumoren einführte. Im neuen Bereich der Hirnzirkulation versuchte Klaus Joachim Zülch noch einmal, Grundlagenwissenschaft und klinische Praxis zusammenzubringen und die Neurologen auf diese häufigen und wichtigen Erkrankungen aufmerksam zu machen, eine Entwicklung, die zunehmend an Bedeutung gewann. unter der Überschrift „Stroke Unitt“ in unseren Tagen. Klaus Joachim Zülch kann daher als Neurologe in vorderster Front seiner Zeit angesehen werden, um die epidemiologisch wichtigen und häufigen Themen abzudecken und eine gleichberechtigte Partnerschaft mit der Neurochirurgie herzustellen. Die Verbindung mit der wissenschaftlichen Basis speziell der Morphologie in verschiedenen Variationen unter einem gemeinsamen Dach war entscheidend für sein Verständnis der Arbeit als Neurologe.

The Founders of Neurology, edited by W. Haymaker and F. Schiller, 2nd ed., Springfield, Illinois, C. C. Thomas, 1970,  illus., $18 00.

S. Weir Mitchell, M.D., Neurologist, a Medical Biography, by R. D. Walter, Springfield, Illinois, C. C. Thomas, 1970, pp. ix, 232, illus., $9 75.

P. D. Lewis

DOI: https://doi.org/10.1017/S0025727300017671

Published online by Cambridge University Press: 16 August 2012