50 shades of brain > 45 Forels Haube

Der „Fourmis-Forel“ (Ameisen-Forel) – auch einer von den genialen Schweizer Universalgelehrten, ein Haller des 19. und 20. JH…

Ein penetrant-penibler Schweizer Neuroanatom, ein weltbekannter Ameisenforscher und Alkoholiker, der zum Antialkoholiker wird – das sind doch die schlimmsten…

1874 gelang ihm mit einer Verbesserung des Mikrotoms in München eine erste vollständige Schnittserie des menschlichen Gehirns.

Seine „Sexuelle Frage“ war aufsehenerregend. Seine rassistisch-eugenischen Äußerungen auch…

Forels Haubenkreuzung liegt im Mittelhirn und bezieht sich auf die Nervenfaserbündel, welche vom Roten Kern ins RM ziehen. Sie ist Bestandteil des sog. EPMS.

Seine Achse (und die von Meynert) übertragen das Cartesische Orientierungssystem auf das Gehirn…

Doch wer den edlern Sinn, den Kunst und Weisheit schärfen,
Durchs weite Reich der Welt empor zur Wahrheit schwingt,
Der wird an keinen Ort gelehrte Blicke werfen,
Wo nicht ein Wunder ihn zum Stehn und Forschen zwingt.
Macht durch der Weisheit Licht die Gruft der Erde heiter,
Die Silber-Blumen trägt und Gold den Bächen schenkt;
Durchsucht den holden Bau der buntgeschmückten Kräuter,
Die ein verliebter West mit frühen Perlen tränkt:
Ihr werdet alles schön und doch verschieden finden
Und den zu reichen Schatz stets graben, nie ergründen!

45 Forels Haube

Mittelhirn-Querschnitt von Henry Vandyke Carter; Quelle:
Der mesenzephale Schmetterling… Quelle:

Forels Haube (Forels-Haubenkreuzung, vordere = ventrale = anteriore Haube(nkreuzung), lat. Decussatio tegmenti ventralis od. tegmentalis anterior, offensichtlich auch Monakow-Kreuzung (s.d.)genannt, engl. ventral (anterior) tegmental decussation)

Es handelt sich um die Kreuzung der beidseitigen Tractus rubro-spinalis (rubro-spinaler Trakt; motorische Bahnen) und Tractus rubro-reticularis. Die Decussatio tegmentalis anterior ist die Nervenfaserkreuzung des Tractus rubro-spinalis im anterioren Anteil der Mittelhirnhaube (Tegmentum mesencephali).

Die Forel-Haube befindet sich etwa in Höhe der oberen Hügel (Colliculi superiores). Sie enthält Nervenfasern des Roten Kerns (Nuc ruber), die auf die andere Seite kreuzen, um zu den y-Motoneuronen* im Vorderhorn des RM zu ziehen.

Der Tractus rubro-spinalis selbst ist Bestandteil des extra-pyramidal-motorischen Systems* (EPMS)

Siehe auch Meynert-Haubenkreuzung (s.d.).

Nach Forel sind ausserdem benannt:

Forel-Felder (Forel-Kerne): Es handelt sich um Kerne des Subthalamus (Die Nucc campi peri-zonalis). Deren Faserzüge sind in diese Kerne eingebettet. Unterschieden werden folgende Felder:

Forel H1 wird vom Fasciculus thalamicus gebildet und zieht zum Thalamus.

Forel H2 geht aus dem Fasciculus lenticularis hervor. Zwischen beiden liegt die Zona incerta. Pschy

Und die Forel-Achse (s.u.)

Auguste-Henri Forel (August Forel)

(* 1. September 1848 auf dem Landsitz La Gracieuse in Morges; † 27. Juli 1931 in Yvorne)

war ein Schweizer Arzt, Psychiater, Hirnforscher, Entomologe, Philosoph und Sozialreformer des 19./20. JH.

Er gilt als Vater der Schweizer Psychiatrie und als einer der wichtigsten Vertreter der Abstinenzbewegung in der Schweiz.

Quelle:

Biographisches

Von 1862 bis 1866 absolvierte der Vetter François-Alphonse Forels (s.d.) das Gymnasium in Lausanne. Anschließend studierte er von 1866 bis 1871 Medizin an der Universität Zürich. 1871 war Forel freiwilliger ärztlicher Helfer im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 (wie das?).

Porträt Forel von Oskar Kokoschka; Quelle:

1871 und 1872 arbeitete er an seiner Doktorarbeit über Neuroanatomie bei Theodor Meynert (1833-1892, s.d.) in Wien. 1872 bestand er das Staatsexamen in Lausanne und promovierte in Zürich.

Von 1873 bis 1878 war er in München Assistenzarzt bei Bernhard von Gudden (1824-1886, s.d.), dem damals führenden Hirnforscher Europas. 1877 erlangte er die Lehrberechtigung an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) aufgrund seiner Untersuchungen der Haubenregion im Gehirn des Menschen.

Bereits mit 50 Jahren trat Forel als Direktor des Burghölzli zurück und beendete seine Professorenlaufbahn. Ab 1898 widmete er sich seinen privaten Studien in Chigny bei Morges und ab 1907 auf dem Landsitz Fourmilière in Yvorne. Er unterzeichnete den Gründungsaufruf für den Monistenbund. Ernst Haeckel (1834-1919) bot Forel an, dessen stellvertretender Präsident, eventuell auch Präsident zu werden (Brief von 1906).

Zugabe: Die Ludwig-Maximilians-Universität München (Universität München, LMU)

ist eine Universität in der bayerischen Landeshauptstadt München. Sie wurde 1472 in Ingolstadt gegründet. Sie ist nach ihrem Gründer Herzog Ludwig IX. sowie dem bayerischen König Maximilian I. Joseph benannt.

Die LMU bildete unter anderem 34 Nobelpreisträger aus. Sie nimmt seit 2006 an der Exzellenzinitiative teil.

An der LMU waren im Wintersemester 2017/18 über 50.000 Studenten eingeschrieben, wodurch sie zahlenmäßig die zweitgrößte Universität und die größte Präsenzuniversität Deutschlands ist. Rund 700 Professoren lehren an 18 Fakultäten. Mit 150 Studiengängen bietet die Universität München ein besonders breites Fächerspektrum, darunter einige sonst im deutschsprachigen Raum nicht angebotene Fächer.

Die Gebäude der Universität sind über mehrere Standorte im Großraum München verteilt. Zentrale Einrichtungen und die Mehrzahl der Institute liegen aber nördlich der Stadtmitte in der Maxvorstadt.

Von 1879 bis 1898 war von Gudden Professor für Psychiatrie an der Universität Zürich und Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (Burghölzli), wo er auch Carl und seinen Bruder Gerhart Hauptmann (1862-1946) kennenlernte und diesen literarisch inspirierte. 1883 heiratete er Emma Steinheil, die Tochter eines befreundeten Kollegen, des Ameisenforschers Eduard Steinheil (1830–1878).

Seine Bemühungen zur Heilung der Trunksucht führten 1889 zur Eröffnung der Trinkerheilstätte Ellikon an der Thur (seit 1984 „Forel-Klinik“).

Zoologische Forschungsreisen führten ihn 1893 nach Algerien sowie 1896 und 1899 nach Südamerika.

Zugabe: Die Technische Universität München (TUM)

Die Technische Universität München (TU München, TUM) ist die einzige Technische Universität in Bayern. Sie ist mit über 40.000 Studenten die zweitgrößte Technische Hochschule in Deutschland. Sie gehört zu den drei ersten Universitäten, die 2006 im Rahmen der Exzellenzinitiative in die Förderlinie „Zukunftskonzept“ aufgenommen wurden.

2012 hat sie erfolgreich ihren Titel als Exzellenz-Universität verteidigt. Sie ist in das Elitenetzwerk Bayern eingebunden. Mit der TUM sind 16 Nobelpreisträger assoziiert.

(Das bedeutet, dass München mit über 50 Nobelpreisträgern in Verbindung steht…). Das dürfte auch weltweit einmalig sein – vielleicht kommt Berlin da noch mit…)

An der TU München werden ca 175 Studiengänge angeboten. Die Kernbereiche sind die Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie die Medizin/Lebenswissenschaften. Sie werden ergänzt durch Mathematik, Informatik, Sport- und Gesundheits-wissenschaften, Architektur und Sozialwissenschaften (v. a. Wirtschaftswissenschaften, Lehrerbildung / Bildungsforschung und Politikwissenschaft).

Zugabe: Die Universität Zürich (UZH)

ist mit über 25’000 Studierenden (inkl. «Master of Advanced Studies»), rund 9’200 Mitarbeitern (über 6.500 Vollzeitäquivalente; inkl. Lehrlinge und Praktikanten) sowie über 150 Instituten, Seminaren und Kliniken (2019) die größte der 12 Schweizer Universitäten. Mit der UZH sind 12 Nobelpreisträger assoziiert.

Als sog. Volluniversität vereint sie unter ihrem Dach alle klassischen Fakultäten: Theologie (ThF), Rechtswissenschaften (RWF), Wirtschaftswissenschaften (WWF), Medizin (MeF), Veterinärmedizin (VSF), Philosophie (PhF; die Philosophische Fakultät ist mit knapp 50 Prozent aller Studierenden die größte Fakultät) und Mathematik-Naturwissenschaften (MNF).

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK, „Burghölzli“); Quelle: Wiki

Zugabe: Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

ist eine technisch-naturwissenschaftliche universitäre Hochschule. Sie wurde 1855 als Eidgenössisches Polytechnikum gegründet und genießt international höchstes Ansehen. Sie zählt zu den renommiertesten Universitäten Europas und weltweit.

Die Hochschule ist in 16 Departemente gegliedert und bietet 23 Bachelor– und 43 Master-Studiengänge an. Weiterführende Studien für ein Doktorat im technischen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Bereich sind zahlreich möglich. Derzeit sind rund 20’000 Studenten eingeschrieben. Die ETH Zürich beschäftigt über 11’000 Personen. Von den über 500 Professuren, einschließlich knapp 100 Assistenzprofessuren, sind ca 75 (15 %) von Frauen besetzt. Mit der ETH assoziiert sind 21 Nobelpreisträger. ETH-Präsident ist seit 2019 Joël Mesot, Rektorin ist Sarah M. Springman.

Die ETH Zürich ist eingebunden in den ETH-Bereich, der die Technische Hochschule in Zürich und diejenige in Lausanne sowie vier weitere Forschungsanstalten (Paul Scherrer Institut, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft [WSL], Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt [Empa] und Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz [Eawag]) umfasst.

Zurück zu Forel:

Forel gründete 1909 den Internationalen Verein für medizinische Psychologie und Psychotherapie. 1916 wurde er als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei aktiver Sozialist. 1920 trat er der Bahai-Religion bei. Forel war zudem Internationalist, Pazifist und Verfechter der sog. Weltbrückensprache Esperanto.

Nach dem Tod Forels wurde er in einem Memorandum des Deutschen Monistenbundes vom September/Oktober 1931 „als unermüdlicher, temperamentvoller Kämpfer, Gelehrter, Freidenker, Sozialist, Pazifist, Gegner des „Massenmörders“ Alkohol (und) als Sozialreformer gewürdigt.

Wissenschaftliches Werk

Hirnforscher Forel

Unter Guddens Leitung verbesserte er das Mikrotom, das ihm 1874 die erste vollständige Serie von 2000 mikroskopischen Schnittpräparaten des menschlichen Gehirns ermöglichte (vgl. dazu das Blue Brain Projekt der Gegenwart…).

Durch Vergleich der Resultate der Untersuchungsmethoden Guddens (s.d.) und Golgis (s.d.) entdeckte Forel das Neuron und begründete damit die Neuronenlehre (sorry wiki: soviel ich weiß war es Deiters, der das Neuron beschrieb und Cajal, der die Neuronentheorie begründete…). Das Buch Neuronentheorie (1887) bildete den Höhepunkt in seinem Wirken als Hirnanatom.

Arzt und Psychiater

Als Hirnforscher und Psychiater überprüfte Forel seine Forschungsresultate auf ihre Bedeutung für Gehirn und Seele des Menschen und die Gesellschaft. Wie sein Lehrer Meynert betonte er die Einheit von Gehirn und Seele, womit er Angriffe durch die Kirche auf sich zog. Als einer der ersten erkannte er die Bedeutung der neuen Entwicklungen der Psychologie für die Heilung von Geisteskranken.

1887 reiste er zum Studium des Hypnotismus zu Hippolyte Bernheim (1840-1919) nach Nancy. Gegen den Widerstand der traditionellen Ärzteschaft verhalf er der „Suggestionstherapie“ (Hypnotismus) zum Durchbruch in der Schulmedizin. Die Psychiatrie selbst wurde zum Pflichtfach für das Medizinstudium.

Als Direktor des „Burghölzli“ beschäftigten Forel das Wohl der Geisteskranken, die Verhütung der Geisteskrankheiten und der Schutz der Gesellschaft. Er entwickelte moderne Arbeitstherapien für Geisteskranke und führte den Begriff der „verminderten Zurechnungsfähigkeit“ ein, damit geisteskranke Delinquenten einer Heilanstalt statt einer Strafanstalt zugeführt werden konnten.

Seine bedeutendsten Schüler waren sein Nachfolger als Direktor des Burghölzli, Eugen Bleuler (1857-1939), Anton Delbrück (1862-1944), Adolf Meyer (1866-1950) und der Zürcher Arzt und sozialistische Aktivist Fritz Brupbacher (1874-1945).

Sozialreformer und Pazifist

Im Burghölzli stellten die vielen Alkoholiker ein großes Problem dar. Durch ein Mitglied des Blauen Kreuzes wurde Forel von der Vorbildwirkung und Bedeutung der Abstinenz für die Heilung überzeugt. Forel, der seit seiner Zeit als Gymnasiast in Lausanne an täglichen Alkoholkonsum gewöhnt war, trank fortan keinen Alkohol mehr. Zur Behandlung von Alkoholikern gründete er die erste Trinkerheilanstalt. Als sozial engagierter Arzt war er nicht nur an der Behandlung von Erkrankten, sondern vor allem an der Prävention von Krankheiten interessiert. Um dem Alkoholismus vorzubeugen, gründete er 1892 den Schweizerischen Guttemplerorden und setzte sich für alkoholfreie Wirtshäuser ein.

1905 veröffentlichte Forel das aufsehenerregende Werk „Die sexuelle Frage“, in dem er die menschliche Sexualität aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen als Arzt erstmals ganzheitlich naturwissenschaftlich, psychologisch und soziologisch behandelte. Er trat für die Enttabuisierung des Sexuallebens und die Gleichberechtigung der Frau ein, weil er überzeugt war, dass das Wohlergehen und Glück der Menschheit zum großen Teil von der „Lösung der sexuellen Frage“ abhinge.

Im Mai 1914, kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges, setzte sich Forel mit dem Aufsatz „Die Vereinigten Staaten der Erde“ für eine befriedete Welt ein. Er glaubte, dass vor allem durch geeignete Erziehung, begleitet von Eugenik und anderen Maßnahmen, die „Raubtiernatur des Menschen“ gemildert werden könnte. Forel stand in Verbindung mit der Zeitschrift „La voix de l’Humanité – Die Menschheit“, seit 1914 erscheinend, insges. 118 Ausgaben bis 1919, ein Organ der Ligue pour la défense de l’humanité. Es war ein Beiheft (Supplement) zu La libre pensée internationale und setzte sich für die Gründung einer Gesellschaft der Nationen, nach Art des späteren Völkerbunds ein.

Der Ameisenforscher

Die Ameisenforschung begleitete ihn das ganze Leben und fand ihren Niederschlag in mehr als 250 Schriften über Ameisen und andere Insekten.

Bereits im Alter von sieben Jahren habe Forel begonnen, systematisch Ameisen zu beobachten. 25-jährig veröffentlichte Forel das preisgekrönte Werk „Die Ameisen der Schweiz“. Charles Darwin (1809-1882) sprach ihm dafür seine Bewunderung aus. Das letzte große Werk des 72-jährigen Forel“ Le monde social des fourmis“ stellt die Welt der Ameisen der ganzen Erde dar.

Der Eugeniker (jetzt wird es unvermeidlich politisch inkorrekt…)

Zitate Forels:

    „Früher, in der guten alten Zeit, machte man mit unfähigen, ungenügenden Menschen kürzeren Prozess als heute. Eine ungeheure Zahl pathologischer Gehirne, die (…) die Gesellschaft schädigten, wurden kurz und bündig hingerichtet, gehängt oder geköpft, der Prozess war kurz und insofern erfolgreich, als die Leute sich nicht weiter vermehren und die Gesellschaft mit ihren entarteten Keimen nicht weiter verpesten konnten.“

    „Allerdings hat die Homogenität einer Rasse den Vorteil, ihre Eigentümlichkeiten bleibender und charakteristischer zu gestalten, aber diesen Vorteilen stehen wieder viele Nachteile gegenüber.“

    „Bei Mischlingen gehört fast immer der Vater der höheren Rasse an, nicht umgekehrt. Sehr selten tritt ein weißes Weib mit einem Neger in Ehe.“

Forel hat an Burghölzli-Patienten die ersten Kastrationen und Sterilisationen „aus sozialen Gründen“ in Europa veranlasst (Vorläufer gab es in den USA). Damals – effektive und sichere Formen der Empfängnisverhütung waren noch nicht bekannt, und Abtreibung war ein strafbares Delikt – galt in den meisten politischen Parteiungen die Eugenik als Mittel der Wahl zur Vorbeugung gegen die „Degeneration“ des Volkes. Forel war der Ansicht, dass in jenen Fällen, wo eine Fortpflanzung verhindert werden sollte, die Unfruchtbarmachung das kleinere Übel gegenüber einer dauernden Einsperrung sei. Da er Kastrationen für riskant hielt, setzte er sich seit 1905 für die Sterilisation ein. Unter der Drohung dauernder Einsperrung wurde von den Opfern der „eugenisch“ motivierten Zwangssterilisationen oft, aber nicht immer, eine formelle Einwilligung abverlangt.

Forels Schüler Alfred Ploetz (1860-1940) wurde neben dem dt. Arzt Wilhelm Schallmayer (1857-1919) einer der Begründer der Rassenhygiene in Deutschland. Ein weiterer seiner Schüler, der Schweizer Ernst Rüdin (1874-1952), wurde im Dritten Reich einer der führenden Rassenhygieniker.

Auf Grundlage der Ideen Forels (und anderer schweizerischer Rassenhygieniker) wurde 1928 im Kanton Waadt ein Gesetz zur Sterilisation Geisteskranker verabschiedet (das erst 1985 aufgehoben wurde…).

Regina Wecker (geb. 1944), eine Schweizer Professorin für Frauen- und Geschlechtergeschichte stellte fest: „Die ‚Einordnung‘ von Forel fällt schwer: Anders als die meisten Eugeniker ist er dem linken Lager zuzuordnen und verbindet in seiner Gesellschaftsanalyse explizit rassistische Vorstellungen und Theorien mit sozialen Anschauungen. In seinem Hauptwerk „Die sexuelle Frage“ (1904), plädiert er für die Trennung von Sexualität und Reproduktion. Er setzte sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter und für die soziale Besserstellung und gesellschaftliche Anerkennung nicht verheirateter Mütter ein.“

Forel war überzeugter Sozialist und trat z.B. für damals so ungeheuerliche Forderungen ein wie die völlige Gleichberechtigung der Geschlechter, die Anerkennung der weiblichen Hausarbeit als gleichwertig mit männlicher Berufsarbeit, die Straffreiheit des Konkubinats und überhaupt aller einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Erwachsenen, einschließlich der „Blutschande“ und aller „Perversionen“, solange sie eben keine Rechte anderer verletzten. Im Falle der Homosexualität bedauerte er es sogar, dass die Heirat zwischen Männern verboten sei…. Weiter verlangte Forel die freie Verfügbarkeit von Empfängnisverhütungsmitteln, und selbst die Abtreibung wollte er freigeben in Fällen von Notzucht, Gefährdung der mütterlichen Gesundheit, Geisteskrankheit und ähnlichem.

Forel war zwar in vielen Irrtümern seiner Zeit befangen und teilte mit ihr auch eine merkwürdig imperialistische Attitüde gegenüber der „schwarzen“ und „gelben“ Rasse. Doch unterschrieb er auch Appelle gegen den Antisemitismus sowie überhaupt gegen jeden Rassismus, wobei er auf die Mischung in seiner eigenen Familie verwies.

Forels Buch „Die sexuelle Frage“ war im „Dritten Reich“ verboten. Es gibt ein Gutachten des führenden NS-Psychiaters Matthias Heinrich Göring (1879-1945) von 1938, das die Gründe für das Verbot nennt und worin Forels Aussagen zu Rassenfrage, Todesstrafe, Homosexualität, Gleichberechtigung, Empfängnisverhütung, Abtreibung und Sterilisation als unakzeptabel eingestuft werden.

Forel heiratete 1883 Emma Steinheil (1865–1946), eine Tochter des Ingenieurs Eduard Steinheil. Das Paar hatte zwei Söhne und vier Töchter.

Auszeichnungen und Ehrungen

1872 erhielt Forel den Schläfli-Preis der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft für sein Buch „Die Ameisen der Schweiz“. 1896 wurde er Ehrendoktor der Universität Zürich.

Von 1978 bis 1998 war Auguste Forel auf der Schweizer 1000er-Banknote abgebildet. Auf der Rückseite waren drei Ameisen und ein Vertikalschnitt durch einen Ameisenhaufen zu sehen.

1932 wurde in Wien-Favoriten die August-Forel-Gasse nach ihm benannt.

Die Auguste-Forel-Medaille ist die höchste Auszeichnung der Abstinenzorganisation IOGT Schweiz, die jährlich für herausragende Leistungen an eines ihrer Mitglieder vergeben wird.

Zudem verleiht die Forel-Klinik in Ellikon an der Thur seit 2011 alle zwei Jahre einen August-Forel-Preis zur Förderung klinischer und anwendungsbezogener Projekte im Bereich Alkohol-, Medikamenten- und Tabakabhängigkeit.

Quellen, Werke & Veröffentlichungen

Das Gedächtniss und seine Abnormitäten (Orell Füssli, Zürich 1885) (archive.org)

Der Hypnotismus. Seine Bedeutung und seine Handlung. In kurzgefasster Darstellung (Ferdinand Enke, Stuttgart 1889) (archive.org)

Der Hypnotismus. Seine psycho-physiologische, medicinische, strafrechtliche Bedeutung und seine Handhabung. 2. Auflage (Ferdinand Enke, Stuttgart 1891) (archive.org)

Die Trinksitten. Ihre hygienische und sociale Bedeutung. Ihre Beziehungen zur akademischen Jugend (Ferdinand Enke, Stuttgart 1891) (archive.org)

Gehirn und Seele. Vortrag gehalten bei der 66. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien am 26. September 1894 (Emil Strauss, Bonn 1894) (archive.org)

Der Hypnotismus und die suggestive Psychotherapie (Ferdinand Enke, Stuttgart 1888; 1902) (archive.org)

Hygiene der Nerven und des Geistes im gesunden und kranken Zustande (Ernst Heinrich Moritz, Stuttgart 1903; 1905) (archive.org)

Ueber die Zurechnungsfähigkeit des normalen Menschen (Ernst Reinhardt, München 1902) (archive.org) München 1907. (archive.org)

Die sexuelle Frage. Eine naturwissenschaftliche, psychologische, hygienische und soziologische Studie für Gebildete (Ernst Reinhardt, München 1907) (archive.org)

Die sexuelle Frage. Eine naturwissenschaftliche, psychologische und hygienische Studie nebst Lösungsversuchen wichtiger sozialer Aufgaben der Zukunft. 14. Auflage (München 1923)

Gesammelte hirnanatomische Abhandlungen. Mit einem Aufsatz über die Aufgaben der Neurobiologie (Ernst Reinhardt, München 1907) (archive.org)

Verbrechen und konstitutionelle Seelenabnormitäten. Die soziale Plage der Gleichgewichtslosen im Verhältnis zu ihrer verminderten Verantwortlichkeit (Ernst Reinhardt, München 1907) (archive.org)

Ameisen aus Guatemala usw., Paraguay und Argentinien. In: Deutsch. Ent. Zeitschrift (Nicolaische Verlags-Buchhandlung, Berlin 1909) (archive.org)

Das Sinnesleben der Insekten. Eine Sammlung von experimentellen und kritischen Studien über Insektenpsychologie (Ernst Reinhardt, München 1910) 1. Band (archive.org) 2. Band (archive.org)

Les fourmis de la Suisse (La Chaux-de-Fonds 1920)

Kleine Philosophie für Jedermann. Übersetzung von Paul Chr. Plottke (Verlag Kaden, Dresden 1928; französische Orig. Ausgabe 1924)

Exkurs: Orientierung an Gehirn & Rückenmark (RM)

Martin Schott, Stefanie Wehnert

Als Meynert-Achse wird eine vertikale Achse durch den Hirnstamm bezeichnet. Ihr gegenübergestellt ist die sagittale Forel-Achse (merke einfach SaFran…).

Quelle: repetico.de

Nahezu sagittal verlaufende Achse zur Lagebezeichnung von Strukturen im Gehirn. Sie verläuft annähernd waagerecht durch eine gedachte Linie durch Dienzephalon und Telenzephalon. Zur Stirn gewandte Strukturen werden als anterior, rostral oder frontal gelegen bezeichnet. Zum Hinterkopf gewandte Strukturen werden als posterior gelegen bezeichnet. (Pschy)

Zugabe: Der Forel-Clan

Armand Forel (* 29. April 1920 in Bern; † 27. Februar 2005 in Nyon; heimatberechtigt in Morges)

war ein Schweizer Arzt und Politiker.

Armand Forel wurde geboren als Sohn des Psychiaters Oscar Forel und Enkel des Psychiaters Auguste Forel. Nach Abschluss seiner Mittelschulbildung an versch. öffentlichen und privaten Schulen absolvierte Forel ein Medizinstudium an der Universität Lausanne. Ab 1950 war Forel als Allgemeinpraktiker in Nyon tätig, wo er als Arzt der Armen bekannt wurde.

Als Antifaschist trat Forel 1943 in die 1940 verbotene Kommunistische Partei ein und war ab 1945 Mitglied der Partei der Arbeit (PdA). Er gehörte von 1945 bis 1988 dem Grossen Rat des Kantons Waadt an. Darüber war er von 1947 bis 1951 und von 1955 bis 1980 Nationalrat. Außerdem gehörte er von 1957 bis 1961 sowie von 1981 bis 1989 dem Munizipalrat, der Exekutive, von Nyon an.

Forel setzte sich für soziale Anliegen ein und beschäftigte sich auch mit Angelegenheiten der Schweizer Armee (zum Beispiel??).

Plans-fixes, Video, 1991

Literatur:

Jean-Bernard Desfayes: Armand Forel. Médecin et homme politique (1991)

François-Alphonse Forel

(* 2. Februar 1841 in Morges, Schweiz; † 7. August 1912 in Morges)

war ein Schweizer Arzt, Naturforscher und Begründer der Limnologie.

Forel entstammte einer angesehenen Waadtländer Familie und war der 7 Jahre ältere Cousin des Psychiaters und Hirnforschers Auguste Forel. Er studierte wie dieser Medizin und Naturwissenschaft in Genf, Montpellier, Paris und Würzburg, wo er von 1866 bis 1867 als Prosektor der Zootomie tätig wurde.

Er arbeitete dann als Professor für Anatomie und Physiologie an der Universität Lausanne, an welcher er 1870 außerordentlicher Professor geworden war. Nebenbei widmete er sich seiner Leidenschaft, der Untersuchung der Seen, insbesondere des Genfersees. Er erforschte die Biologie, die chemischen Eigenschaften, die Wasserzirkulation und die Sedimentbildung der Seen sowie deren Zusammenhänge. Damit legte er den Grundstein für einen neuen Wissenschaftszweig. Forels Arbeiten über den Genfersee veranlassten 1886 den Präsidenten des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, Graf Eberhard von Zeppelin (1842-1906), eine genaue Kartierung und naturwissenschaftliche Erforschung des Bodensees zu veranlassen. Forel beteiligte sich an diesem Unternehmen; seine von Zeppelin ins Deutsche übersetzten Beiträge erschienen als Beihefte (Bodensee-Forschungen) zu den Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 1893 ernannte ihn der Verein zum Ehrenmitglied.

Seine Entdeckungen veröffentlichte er zwischen 1892 und 1904 in einem dreibändigen Werk mit dem Titel „Le Léman: Monographie limnologique“. In Anlehnung an die Ozeanographie nannte er seine Forschungstätigkeit Limnologie. Forel entdeckte das Phänomen der Dichteströme in Seen und fand eine Erklärung für die sog. Seiches (Als Seiches (franz.) bezeichnet man stehende Wellen des Wassers in Seen, Buchten oder Hafenbecken). Er entwickelte auch eine Möglichkeit, die Farbe eines Gewässers zu bestimmen. Diese sogenannte Forel-Ule Skala findet auch heute teilweise noch Verwendung, wurde aber später durch genauere Methoden ersetzt.

Neben dem Studium der Gewässerkunde widmete er sich unter anderem dem Studium von Erdbeben und entwickelte mit Michele Stefano de Rossi (1834–1898) die Rossi-Forel-Skala zur Einstufung von Erdbeben nach ihrer Intensität.

Das Institut François-Alphonse Forel (F.-A. Forel) der Universität Genf wurde nach ihm benannt, ebenso wie der Forel-Gletscher im antarktischen Grahamland. Seit 1891 war Forel Mitglied der Leopoldina.

Oscar Louis Forel (* 20. September 1891 in Zürich; † 7. November 1982 in Saint-Prex; reformiert; heimatberechtigt in Morges, Lonay und Chigny)

war ein Schweizer Psychiater.

Oscar Forel wurde am 20. September 1891 als Sohn des Auguste Forel in Zürich geboren. Nach Absolvierung von Schulen in Glarisegg und Solothurn studierte er Medizin an der Universität Lausanne. Im Wintersemester 1920/21 wurde er an der Universität Bern promoviert, wo er auch zum Psychiater ausgebildet wurde.

Von 1925 bis 1929 war er als Chefarzt der Privatklinik La Métairie in Nyon tätig. Zudem lehrte er ab 1925 als Privatdozent in Genf. 1934 gründete Forel die Privatklinik Les Rives de Prangins, in der sich bedeutende Persönlichkeiten aus ganz Europa von ihm behandeln ließen. Oscar Forel war ein führendes Mitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie.

Während des II. Weltkriegs setzte sich Forel aktiv für Flüchtlinge ein. Ferner war er Mitbegründer eines Hilfswerks für griechische Kinder. Oscar Forel zeigte literarisches und künstlerisches Interesse und engagierte sich als Förderer junger Musiker.

Er war verheiratet mit Leokadia, der Tochter des Lehrers Joseph Openik. Sein Sohn Armand Forel war ebenfalls Arzt und Politiker.

Werke & Veröffentlichungen

Le rhythme. Étude psychologique. In: Journal für Psychologie und Neurologie. Bd. 26 (1920/21) (Dissertation, Universität Bern, 1920/21)

La psychologie des névroses (Kundig, Genf 1925)

L’accord des sexes. Biologie, psychologie, orientation (Payot, Paris 1953); deutsch: Einklang der Geschlechter. Sexuelle Fragen in unserer Zeit (Rascher, Zürich 1955)

Plans-fixes. Video, 1980.

Weblinks Christian Müller: Forel, Oscar. In: Historisches Lexikon der Schweiz.